M. an Michael Meienburg in Nordhausen. - [Zerbst, 20.] Dezember 1546

[1] Da Mbg. diesen Brief voraussichtlich zu Beginn des Jahres 1547 [d. i. am 25. 12. 1546] erhalten wird, wünscht M. ihm, seiner Frau [Anna geb. Reinecke] und Kindern ein glückliches Jahr, betet für Kirche und Staat

[2] und ermahnt Mbg., seiner sorgenvollen Traurigkeit nicht nachzugeben, da die Fleischwerdung Christi die Liebe Gottes bezeugt, womit sich auch M. tröstet, dem die Streitsucht des [kursächsischen] Hofes seit langem mißfiel.

[3] Sobald das Wetter milder wird, will M. zu Mbg. kommen. Er dankt für 50 Taler, wovon er dem Mathematiker [Erasmus Reinhold] 10 gab und den Präzeptor [Erasmus Benedikt] des Sohnes [Christoph Mbg.] nach Bedarf nehmen ließ; da M. beengt wohnt, haben sie noch keinen gemeinsamen Tisch. Wein hat M. noch für zwei Monate.

[4] Viele rieten M., zu Lgf. [Philipp von Hessen] nach Leipzig zu reisen [⇨ 4492.2; ⇨ 4498.2; ⇨ 4514.2]. Doch um auf keiner Seite Argwohn zu erregen, hat M. nur geschrieben [4501]. Da M. Kf. [Johann Friedrich], [Hz. Moritz] und ihre Räte kennt, bezweifelt er, daß der Lgf. überhaupt etwas erreichen kann, und betet.

[5] Die ungarischen Reiter verüben Grausamkeiten und blockieren die Versorgung Wittenbergs.

Fundort:
CR 6, 300f Nr. 3641. ‒ MBW.T 15.
Datierung:
Datum: Der nur durch einen Druck überlieferte Brief trägt dort das Datum des 2. Dezember. Da M. mit dem Eintreffen seines Briefes bei Mbg. zum Jahresbeginn rechnet, ist der 2. Dezember auch dann zu früh, wenn der 25. gemeint ist, woran kein Zweifel besteht, vgl. 4512-4514 (von Christmann S. 17 nicht beachtet). Auch war Wittenberg am 2. Dezember nicht belagert (⇨ 4487.3; 4488.1; 4489.1); § 5 setzt also eine spätere Situation voraus. Von einer Reise M.s nach Leipzig zum Fürstentreffen des 21. ist erstmals am 11. die Rede (4489.4), den ersten Brief an den Lgf. schickte M. am gleichen Tag an Camerarius (4489.1), den zweiten am 17. (4498.6). Die Versorgungsschwierigkeiten im belagerten Wittenberg erwähnt M. auch in 4506.3, die Grausamkeiten der hunnischen = ungarischen Reiter in 4496.2, das schlechte Wetter in 4493.2. Somit spricht alles dafür, daß im Druck nach der 2 eine weitere Ziffer ausgefallen ist, 4505 also mindestens drei Tage (wenigstens so lange brauchte ein Brief von Zerbst nach Nordhausen) vor dem 25. abgeschickt wurde. Nun schreibt M. in § 3: „ut iam Lipsiam irem“; das Treffen des 21. liegt also noch nicht zurück (so irrig Christmann S. 17), sondern M. schreibt an dem Tag, an dem er hätte nach Leipzig reisen sollen, also am 20.

Normdaten
Personen:

Benedikt, Erasmus: http://d-nb.info/gnd/119617285

Camerarius, Joachim: http://d-nb.info/gnd/118518569

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Meienburg, Michael: http://d-nb.info/gnd/130378453

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Moritz von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118584138

Philipp von Hessen: http://d-nb.info/gnd/11859382X

Reinhold, Erasmus: http://d-nb.info/gnd/11899901X