M.: Bericht [für Hz. Albrecht von Preußen]. - [Wittenberg oder Dessau, Februar 1558]

Über das Wormser Religionsgespräch ab August 1557.

[1] Vor dem offiziellen Beginn.

[1.1] Ermahnung der Räte an die Theologen [⇨ 8328f; ⇨ 8335]. Der Gesandte der Hzz. [Johann Friedrich d. M. und Johann Wilhelm] von Sachsen Basilius [Monner] forderte in einer langen Rede die Wiederherstellung der nach dem [Schmalkaldischen] Krieg verlorenen Eintracht gemäß der CA und den Schmalkaldischen Artikeln. [Erhard] Schnepf machte seinen Auftrag bekannt, die Verurteilung der Zwinglianer, des Osiandrismus, des [Majorismus] und des Adiaphorismus durchzusetzen.

[1.2] M. antwortete [⇨ 8328f; ⇨ 8335.2], es seien affirmative Lehraussagen erforderlich und auch die Papisten müßten verurteilt werden. Gegen Osianders Lehre gebe es Schriften [6294]. Er sprach über Werke, den neuen Gehorsam, Antinomismus. Flacius habe das Leipziger [Interim: 5387] verfälscht publiziert. M. bekannte sich zu seinem damaligen Rat, die Gemeinden nicht wegen Äußerlichkeiten zu verlassen [5409 u. ö.]; doch habe Flacius falsche Vorwürfe erhoben. M. werde gern den Beratungen hinfort fernbleiben.

[1.3] Brenz über Osianders Lehre. Die Räte erinnerten an die gegenwärtige Frontstellung und vertagten diese Kontroversen auf eine Synode, was auch Kf. [Ottheinrich] von der Pfalz brieflich forderte [⇨ 8332].

[2] Nach Einberufung des Gesprächs durch den Präsidenten [Julius Pflug] wollten [die Weimarer] wieder ihre Verurteilungen einreichen. Die [protestantischen] Räte erreichten, daß sie nur ihnen vorgelegt wurden, und stellten Voten bei den einzelnen Verhandlungspunkten in Aussicht. Hz. Johann Friedrich [d. M.] wurde von den anderen Fürsten zur Zustimmung bewogen [⇨ 8335.3].

[3] Auf der ersten Sitzung [⇨ 8337] wurde Verschwiegenheit gefordert und schriftliche Verhandlung durchgesetzt, obwohl der Präsident M.s Wunsch nach Diskussion mit schriftlichem Ergebnis [⇨ 8345.1] zuneigte.

[4] Erstes Thema war die Rechtsnorm in der Kirche [⇨ 8352.1]. Schrift, Glaubensbekenntnisse und CA wurden bekannt, Wiedertäufer, Verfälscher der Sakramente, Servet, Schwenckfeld, [Theobald] Thamer, das Tridentinum und das Interim wurden verworfen. Dem Konsens der Kirche, was die päpstliche Tradition mit ihren Mißbräuchen ist, wurden die gewisse und klare Schrift und die [altkirchlichen] Glaubensbekenntnisse entgegengestellt.

[5] Dann wurde über die Erbsünde diskutiert [⇨ 8352.2]. Mit der Absicht, das Gespräch abzubrechen, verlangten die Gegner die Verurteilung der Zwinglianer, Osianders, des Flacius. M. konnte dies nicht abwenden. Nun wollten die [Weimarer] Kollegen ihre zuvor den Räten übergebenen Verurteilungen öffentlich verlesen. M. hatte Verurteilungen verfaßt [8360], wobei er, um sich nichts vorwerfen zu lassen, auch den Adiaphorismus einschloß, ohne jedoch die von Flacius verbreiteten Lügen anzuerkennen. Doch Brenz lehnte die Nennung Osianders ab [⇨ 8362f]. Da übergaben die [Weimarer] Kollegen ihre Verurteilungen den Päpstlichen und reisten ab.

[6] Die Päpstlichen wollten nicht weitermachen, obwohl Kg. Ferdinand die Fortsetzung befahl. Die [verbliebenen Evangelischen] bekundeten in einer Protestation [8441] ihre Gesprächsbereitschaft, die nicht erwidert wurde. Dann dankten sie dem Präsidenten, der unparteiisch war, und zogen ab.

Fundort:
CR 9, 456-461 Nr. 6469.
Datierung:
Datum: Von den vier bekannten Abschriften lassen drei keinen Hinweis auf den Adressaten erkennen. Die vierte stammt aus dem Archiv Hz. Albrechts von Preußen: Berlin SAPK, ehemals SA Königsberg, HBA, J 2, Kasten 993. Albrecht wurde von seinem Gesandten Justus Jonas d. J. von unterwegs in Mecklenburg über das Gespräch unterrichtet (⇨ 8482.1). Es ist wahrscheinlich, daß er auch an einem authentischen Bericht M.s interessiert war. Von diesem liegen zwischen 23. Juli 1557 und 9. Mai 1558 (8279; 8610) keine Briefe an den Hz. vor. Anfang Januar verhandelte aber Jonas mit M. (⇨ 8481f; ⇨ 8486). Dabei versprach M. eine Antwort auf Albrechts Brief (8486.2); beide Schriftstücke sind nicht bekannt. Es ging damals um die Kirchenordnung. Doch ist zu vermuten, daß M. auch über das Religionsgespräch berichtete. Dem Bischof von Samland, Johannes Aurifaber Vratislaviensis, der in Königsberg residierte, erklärte M. zwar am 14. März 1558, er habe keine Zeit für einen Bericht über das Religionsgespräch (8553.1); an die hzl. Kanzlei konnte oder wollte er ihn wohl nicht verweisen, zumal er gern individuelle Berichte schrieb (8518; 8539). Andererseits hat er 8540 vermutlich mehrmals verschickt. Johannes Crato bekam am 11. März 1558 einen Bericht, noch nicht mit der vorigen Post am 9. Februar (⇨ 8522; ⇨ 8550). 8540 dürfte also im Februar 1558 entstanden sein, vielleicht sogar in Dessau wie 8539, mit dem es näher verwandt ist als mit 8518.

Normdaten
Personen:

Albrecht von Preußen: http://d-nb.info/gnd/118637673

Aurifaber Vratislaviensis, Johannes: http://d-nb.info/gnd/130466042

Brenz, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118515128

Crato, Johannes: http://d-nb.info/gnd/119440067

Ferdinand: http://d-nb.info/gnd/118532502

Flacius, Matthias: http://d-nb.info/gnd/118533649

Johann Friedrich d. M. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100031900

Johann Wilhelm von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100863892

Jonas, Justus d. J.: http://d-nb.info/gnd/117175552

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Osiander, Andreas: http://d-nb.info/gnd/118590375

Ottheinrich von der Pfalz: http://d-nb.info/gnd/118738712

Pflug, Julius: http://d-nb.info/gnd/118714082

Schnepf, Erhard: http://d-nb.info/gnd/12466833X

Schwenckfeld, Caspar von: http://d-nb.info/gnd/118612190

Servet, Michael: http://d-nb.info/gnd/11861343X

Thamer, Theobald: http://d-nb.info/gnd/118621599