Über das Wormser Religionsgespräch ab August 1557.
[1] Vor dem offiziellen Beginn.
[1.1] Ermahnung der Räte an die Theologen [⇨ 8328f; ⇨ 8335]. Der Gesandte der Hzz. [Johann Friedrich d. M. und Johann Wilhelm] von Sachsen, Basilius [Monner], forderte in einer langen Rede zur Wiederherstellung der nach dem [Schmalkaldischen] Krieg verlorenen Eintracht die Verurteilung der Zwinglianer, des Osiandrismus, des Adiaphorismus und des Majorismus.
[1.2] M. antwortete [⇨ 8328f; ⇨ 8335.2], das einmütige Bekenntnis aller zur CA mache Verurteilungen überflüssig; es seien auch affirmative Lehraussagen erforderlich, und nicht nur die Zwinglianer, sondern auch die Papisten mit ihrem Götzendienst müßten verurteilt werden. Zu Osianders Lehre gebe es Schriften [6294]. Über [Georg] Maiors These gebe es keinen Streit. Bezüglich der Adiaphora bekannte er sich zu seinem damaligen Rat, die Gemeinden nicht deswegen zu verlassen [5409 u. ö.]. Flacius habe verfälschte Schriften publiziert. M. werde gern den Beratungen hinfort fernbleiben.
[1.3] Brenz über Osianders Lehre. M. fragte die [hzl.] sächsischen Gesandten, ob sie Verdammungsartikel vorbereitet hätten, was sie verneinten, und er betonte, daß mehr Personen als die Anwesenden nötig wären, was [Erhard] Schnepf zugab. Die Räte vertagten diese Kontroversen auf eine Synode, was auch Kf. [Ottheinrich] von der Pfalz brieflich forderte [⇨ 8332].
[2] Nach Einberufung des Gesprächs durch den Präsidenten [Julius Pflug] wollten Schnepf und seine Mitgesandten wieder ihre Verurteilungen einreichen. Die [protestantischen] Räte erreichten, daß sie nur ihnen vorgelegt wurden. Hz. Johann Friedrich [d. M. von Sachsen] war damit einverstanden.
[3] Auf der ersten Sitzung [⇨ 8337] haben die Päpstlichen den Modus der schriftlichen Verhandlung durchgesetzt.
[4] Erstes Thema war die Rechtsnorm in der Kirche [⇨ 8352.1]. Wie gewöhnlich stellte [M.] die Zugehörigkeit zur wahren Kirche und das Bekenntnis zur CA fest und verurteilte das Tridentinum, das Interim, Schwenckfeld, die Wiedertäufer und alle, die von der Rechtfertigung und von den Sakramenten falsch lehren. Dem Konsens der Kirche, der Mißbräuche deckt, wurden die als Gesetz und Evangelium klar geoffenbarte Schrift, die altkirchlichen Bekenntnisse und die — unterschiedlich zu bewertenden — Kirchenväter entgegengehalten.
[5] Dann wurde über die Erbsünde diskutiert [⇨ 8352.2]. Heimtückischerweise verlangten die Gegner die Verurteilung der Zwinglianer, Osianders, des Flacius. [M.] stellte Verurteilungen bei der Behandlung der einzelnen Artikel in Aussicht. Aber Schnepf und seine Kollegen holten entgegen allen Absprachen ihre Verurteilungen hervor. M. verfaßte gemeinsame Verurteilungen [8360]. Doch Brenz lehnte die Nennung Osianders ab [⇨ 8362f]. Schnepf und seine Kollegen wollten ihre Verurteilungen dem Präsidenten übergeben; weil dieser sie nicht annahm, stellten sie sie den Päpstlichen zu und reisten ab.
[6] Die Päpstlichen wollten nicht weitermachen, obwohl Kg. [Ferdinand] die Fortsetzung befahl und der Präsident und [Georg Sigismund] Seld acht Tage mit ihnen verhandelten. Die [verbliebenen Evangelischen] bekundeten in einer Protestation [8441] ihre Gesprächsbereitschaft, die nicht erwidert wurde, und zogen ab.
[7] Die Päpstlichen waren [ebenfalls] uneinig; die Löwener [Jodocus Tiletanus, Balduin Rithovius, Franz Sonnius] wollten keinerlei Entgegenkommen. Die polemischen Predigten der päpstlichen Kolloquenten erregten in der Stadt Mißfallen. M. ließ vor dem Abzug aus Worms eine Erklärung drucken [8442].