M.: Offener Brief an Matthias Flacius [in Magdeburg]. - Wittenberg, 1. Oktober 1549

[1.1] Kennzeichen der wahren Kirche sind die unverfälschte Lehre des Evangeliums, der rechte Gebrauch der Sakramente und die Verwerfung der Abgötterei.

[1.2] Die Wahrnehmung dieser Kennzeichen vermittelt den Trost der Zugehörigkeit.

[1.3] Dies trifft für die Gemeinden in [Kursachsen] zu.

[2.1] Den Vorwurf des F., die Lehre werde geändert und abgeschaffte Zeremonien wieder eingeführt, bestreitet M. und verweist bezüglich der Lehre auf seine Loci [⇨ 3419], die der CA und damit der ‚katholischen‛ Kirche konform sind.

[2.2] M. hat sie nicht aus Streitsucht verfaßt, sondern aus den Erfahrungen bei der ersten Kirchenvisitation entstand diese Zusammenfassung der Lehre Luthers.

[3.1] Bezüglich der Veränderung der Riten in anderen Gegenden bekennt M., den Franken [5409; 5413] und anderen [5422 u. ö.] geraten zu haben, die Kirchen nicht wegen einer solchen Knechtschaft zu verlassen, die ohne Gottlosigkeit zu ertragen sei, womit er sich in bewußtem Gegensatz zu F. befindet.

[3.2] Die heimgesuchten Gemeinden verdienen Trost, und die Schulen müssen erhalten bleiben.

[4] F.s Behauptung, M. rate zum Bleiben, auch wenn alle Mißbräuche wieder eingeführt würden, ist eine Lüge. Um Haß zu schüren, gibt F. vertraute Gespräche, teilweise verdreht, wieder und macht unwahre Angaben. M. könnte die wahren Gründe für die Not der Kirche und die Macht der Gegner nennen.

[5] Die Kirche ist nicht an einen bestimmten Staat gebunden. Doch müßte F. M.s Schmerz über die politischen Veränderungen kennen.

[6] Warum F. ihn angreift, der ihm nie etwas zuleide getan hat, ist M. unverständlich. Bei Meinungsverschiedenheiten wie jetzt um den Chorrock darf das Gebot der Liebe nicht verletzt werden. M. warnt F. u. a. davor, die Geschichte der letzten dreißig Jahre aufrollen zu müssen.

[7] F. mißbraucht die Freundschaft M.s (der gern disputiert und auch scherzt) mit der Wiedergabe von vertrauten Gesprächen und von Träumen. In seinem Brief [5556?] droht er M. sogar den Tod an.

[8] M. empfiehlt sich und die wahre Kirche Gott.

[9] M. antwortet nicht seinetwegen, sondern wegen der Gemeinden, die F. verletzte.

Fundort:
CR 7, 477-482 Nr. 4604; MSA 6, 423-429. ‒ MBW.T 20.
Datierung:
Auch als Vorrede an den Leser zu: M., Doctrina de poenitentia ... Wittenberg, Josef Klug, 1549 (CR 23, 643). Der Separatdruck erschien — ebenfalls bei Josef Klug — nach dem 5. Oktober (⇨ 5445.1). Am 18. Oktober 1549 schickte ihn Georg Maior an Hz. Albrecht von Preußen: Berlin SAPK (früher Göttingen SAL), ehemals SA Königsberg, HBA A 4.

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