Albert Hardenberg an M. [in Wittenberg]. - Bremen, 12. April 1549

[1] H. bedauert, durch seinen Brief M. Schmerzen zugefügt zu haben, und versichert seine Ergebenheit. Er leidet unter den Angriffen auf M.

[2] Bei allem Verständnis für [die Wittenberger] hält H. aber Nachgiebigkeit in Adiaphoris für unangebracht, wie die Schicksale von Augsburg und Straßburg lehren.

[3] Johannes Agricola stiftete Verwirrung mit der Behauptung, M. stimme mit ihm überein [⇨ 5495.1.4]. H. versteht M. und verteidigt ihn.

[4] Er weckte auch bei Gf. [Albrecht von Mansfeld] Verständnis. Dieser verwahrte sich dagegen, M. Bestechung von seiten des Julius [Pflug] vorgeworfen zu haben [⇨ 5481.2]. Er wird selbst antworten. Gf. Christoph [von Oldenburg] billigt M.s Verhalten.

[5] M.s Bereitschaft, Knechtschaft zu erdulden, wenn die Lehre erhalten bleibe, stößt vielfach auf theologische Kritik. Zudem gebiete der Kaiser, das ganze Interim zu halten.

[6] Deshalb hätten die Verhandlungen von Leipzig [⇨ 5387-5389] und mit [Kur]brandenburg [⇨ 5385] unterbleiben müssen. Der Kaiser wird keine Abweichung vom Interim dulden, wie er auch den Ostfriesen drohte.

[7] Festigkeit, Leidensbereitschaft und Gottvertrauen scheinen vielen erfolgversprechender.

[8] Geistliche aus [Kur]brandenburg berichten, daß dort alle Geistlichen vertrieben werden, die nicht Johannes Agricolas Formel [»Declaratio«, ⇨ 5435.1], die mit dem [Interim] übereinstimmt, annehmen. Zu ihrem Schmerz werden sie auch noch mit den Juden verglichen.

[9] H. steht zu M. Doch soll M. lieber die Universität [Wittenberg] verlassen, als ein Ärgernis geben. Fast alle tadeln die Nachgiebigkeit.

[10] H. bekundet Verständnis für die Zwangslage M.s und schildert die Stimmung im freien, aber bedrohten Bremen.

[11] H. ersehnt M.s Besuch, obwohl er ihm nicht gewachsen ist.

[12] Morgen kommt Johannes Laski, der beiliegenden Brief des [Eb. Thomas Cranmer] von Canterbury an M. [5444] mitbrachte. Bucer hat sich durch einen Lübecker Studenten [NN] angekündigt.

[13] Dank für Geschenke. H. will das [Buch] Calvins [gegen das Interim: CR 35 = Calv. 7, 545-674 mit XXXIX-XLIV] lesen und rühmt dessen Mut. H. hat seine Schwäche im Löwener Gefängnis erfahren.

Fundort:
Konzept: München SB, clm 10359, Nr. 24. Konzept einer ersten Fassung: Bremen SB, Ms. a.10, Nr. 11 und Nr. 15; hieraus Teildruck bei D. Gerdes: Scrinium antiquarium sive Miscellanea Groningana IV,2 (1755), 688-695 [H 1229]; Teilübersetzung: B. Spiegel, D. Albert Rizäus Hardenberg (1869), 129-131 = Bremisches Jb. 4 (1869), 129-131 [H 2142a]. ‒ MBW.T 19.

Normdaten
Personen:

Agricola, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118501070

Bucer, Martin: http://d-nb.info/gnd/118516507

Calvin, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118518534

Cranmer, Thomas: http://d-nb.info/gnd/118670468

Hardenberg, Albert: http://d-nb.info/gnd/118720317

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Laski, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118726633

Mansfeld, Albrecht von: http://d-nb.info/gnd/102478929

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Oldenburg, Christoph von: http://d-nb.info/gnd/118736191

Pflug, Julius: http://d-nb.info/gnd/118714082