[1] Das Gewissen, die Sorge um das Gemeinwohl, damit der Streit um die Adiaphora in den Kirchengemeinden nicht weitergeht, und das Ansehen der Adressaten zwingen G. zu schreiben, wobei [Justus] Jonas und Georg Maior seine Hemmungen überwunden haben. Er bittet um unbefangene Lektüre.
[2] G. lehnt zwar die Einführung von Adiaphora zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht grundsätzlich ab, doch sollte sie von einem öffentlichen Bekenntnis zur wahren Lehre begleitet sein, damit Außenstehende nicht meinen, die Furcht vor dem Kaiser veranlasse die Hinwendung zum Papsttum. G. fordert seine Lehrer deshalb auf, bei Einführung von Mitteldingen ihre Gemeinde zu ermahnen und für die Außenstehenden ein Schriftstück zu verfassen. Dieses darf so gemäßigt sein, daß der Kaiser wegen der Abweichungen vom [Interim] nicht mit Waffengewalt reagiert. Wenn doch, ist das Bekenntnis vorzuziehen.
[3] Adiaphora an sich sind von Gott weder Gebotenes noch Verbotenes zum Nutzen der Kirche. Deshalb wurden viele papistische Zeremonien zu Recht abgeschafft.
[4] Echte Adiaphora verlieren aber durch drei Begleitumstände ihre Eigenschaft, sc. wenn sie mit Bekenntnis oder Ärgernis verbunden sind, wenn sie als Kult, Verdienst oder Notwendigkeit angesehen werden, oder wenn sie Anlaß zu Götzendienst, Lehrverderbnis und Abfall der Schwachen bieten. Deshalb ist die Restitution des päpstlichen Primates und der bischöflichen Jurisdiktion unmöglich.
[5] Auch die wirklichen Adiaphora dürfen nicht der Gemeinde zur Last werden, und die Zuständigkeiten der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten sind zu unterscheiden. Überdies ist jede Veränderung gefährlich.
[6] Manches Mal befürchtete G., die Adressaten seien mit ihrer Zustimmung zur Einführung papistischer Zeremonien zu weit gegangen. Der Brief an [Christoph] von Carlowitz [5139], ein Gutachten für [Kf. Moritz von Sachsen] in Augsburg [5110] und die Leipziger Akten [5387-5389] weckten diesen Verdacht.
[7] Auf den Einwand, ohne Zugeständnisse würden Kirchen und Schulen veröden, antwortet G., man hätte von Anfang an entschlossener gegen Änderungen Widerstand leisten und die Gründe den Obrigkeiten deutlich machen sollen. Erst bei Kriegsgefahr dürften echte Adiaphora zugestanden werden, aber unter Bekenntnis. Notfalls ist Exil oder Tod zu leiden.
[8] Bei Irrtum wünscht G. Belehrung, gegebenenfalls aus den Akten. Andernfalls erwartet er Zustimmung und empfiehlt sich als Exul Christi ihrer Fürbitte.