M. an Kf. Moritz von Sachsen. Dt. - Wittenberg, 8. September 1548
[1] Auf die vom Kf. veranlaßte ‚Vorhaltung‛ [durch Ludwig Fachs, bei ⇨ 5280] wegen der zweifachen Drucklegung des Gutachtens [über das Interim: 5182] entschuldigt sich M. folgendermaßen:
[2] Es ist ohne M.s Wissen außerhalb von Kursachsen fehlerhaft gedruckt worden.
[3] Es macht Zugeständnisse, erregt keinen neuen Streit und entspricht M.s in 30 Jahren bewährter Friedfertigkeit [⇨ 5139.4].
[4] Aufforderungen zu Polemik folgt M. nicht, sondern wird auch weiterhin keine unnötigen Streitfragen aufwerfen,
[5] vielmehr für die Eintracht wirken und die Prediger zum Gehorsam gegen die Obrigkeit ermahnen. Überdies kann der Kf. in seinen Landen Schriften gegen Edikte des Kaisers leicht verhindern.
[6] M. versichert seinen Gehorsam.
Fundort:
Bds. 281f Nr. 325.
‒ MBW.T 18.
Datierung:
Das am 17. Juni (5184) dem Auftraggeber Kf. Moritz übersandte »Bedenken aufs Interim« (5182) wurde von den Autoren nicht etwa geheimgehalten, sondern in Abschriften sofort planmäßig verbreitet: M. schickte es nach Nordhausen (5188), Nürnberg (5191), Braunschweig (5197), Berlin (5199), an Johannes Mathesius in Joachimsthal (5193; 5198); Cruciger sandte es seinem Schwiegersohn Andreas Kegel nach Eisleben (CR 6, 944f Nr. 4263), und vermutlich sind die nachweisbaren Sendungen nicht die einzigen. Kein Wunder, daß diese Äußerung der angesehensten Theologen gleich zweimal gedruckt wurde, wahrscheinlich in Magdeburg: »Bedenken aufs Interim des Ehrwirdigen und Hochgelarten Herrn Philippi Melanthonis« und »Bedenken aufs Interim der Theologen zu Wittenberg«. Die anonymen Herausgeber sind Kegel und Flacius (CR 6, 924; W. Preger, Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit, Bd. 1, 1859 21964, S. 56f; Ißleib [wie unten], 194). Wie M. an Georg Buchholzer (5199.1) schrieb: „Nec prohibebo ostendi omnibus, qui videre volunt“ (CR 6, 957), so konnte er auch ohne ein Zeichen des Unwillens auf das nunmehr gedruckte Gutachten hinweisen (5233.1). Am 26. August wurde ein Gesandter Kg. Ferdinands bei Moritz neben anderem wegen dieses Bedenkens vorstellig. Der Kf. antwortete, er habe schon vor Wochen, als ihm der Druck bekannt wurde, M. zur Rede stellen lassen. Dieser habe gesagt, es sei ohne seinen Befehl gedruckt worden, und habe das vorgelegte Exemplar zornig zerrissen. M. wurde dann aufs neue befragt und antwortete durch Schreiben vom 3. (5280) und 8. September (5285). Letzteres, offenbar zur Besänftigung der Habsburger abgefaßt, wurde Mitte September durch eine kursächsische Gesandtschaft nach Wien überbracht. Mittlerweile traf der Brief des Kaisers vom 31. August aus Speyer (CR 7, 126f Nr. 4340) ein, der die Ausweisung M.s forderte. Kursachsen wartete die Rückkehr der Wiener Gesandtschaft ab und antwortete dann am 31. Oktober (Bds. 282f Nr. 326; vgl. CR 7, 127f; Konzept von Ludwig Fachs: Dresden SA, Interim domesticum, f. 205r-206v), M. habe sich schiedlich verhalten, sei zur Vergleichung strittiger Artikel unentbehrlich und werde ja auch angegriffen, weil er dem Interim zu viel nachgebe. Am 30. März 1549 traf in Torgau die Antwort des Kaisers vom 11. Februar ein, in der auf eine Bestrafung M.s verzichtet wurde; Nikolaus Granvella ließ ihn sogar freundlich grüßen. Vgl. S. Ißleib: NASG 15 (1894), 202-216. 225 [H 2461]; H. Scheible: ARG 57 (1966), 125f. 129 [H 4160].