[1] B. und [seine Amtsbrüder] sind traurig angesichts der Zukunft der [kurmärkischen] Kirchengemeinden.
[2] Mit Schrecken sah B. heute das Schreiben des [Hieronymus] Baumgartner an Johannes Agricola [vom 15. 7. 1548, ed. G. Th. Strobel in: Riederer, Nützliche und angeneme Abhandlungen 1 (1768), 112f (H 1336 irrig)], wonach [Andreas] Osiander in Nürnberg das Interim von der Kanzel abgekündigt habe und alle Prediger es angenommen hätten, und worin dem Agricola für seine Erläuterungen gedankt wird [⇨ 5309]. B. kann jetzt keine Abschrift davon beilegen, auch nicht von der »Vermahnung«, die in der [Interims-]Messe vorgeschrieben ist [ed. N. Müller, JBrKG 5 (1908), 81-84 (H 3043a)].
[3] B. sprach mit Kf. [Joachim II. von Brandenburg] über das Interim. Der Kf. sagte, der Kanon in der Messe müsse gehalten werden. Als B. widersprach und ihm Luthers Schrift [Von dem Greuel der Stillmesse, so man den Kanon nennet: WA 18, 8-36] überreichte, verwies ihn der Kf. an Johannes Agricola und begab sich zur Jagd.
[4] B. ging mit seinen Amtsbrüdern [Hieronymus Schwolle, Johannes Baderesch u. a.] zum kranken Agricola, der schalt und unter Berufung auf Luther das Interim pries, wodurch ganz Europa zum Evangelium kommen werde.
[5] B.s Diskussion mit ihm über Rechtfertigung, Gerechtigkeit, Glaube und Liebe (Scholastiker, Cicero [→§ 11]).
[6] Auch die anderen Artikel des Interims wollte Agricola anders verstanden wissen, verweigerte aber wegen seiner Krankheit weitere Erläuterungen. B. und seine Amtsbrüder ermahnen ihre Gemeinden zur Standhaftigkeit im Glauben. B. fragt, was die Wittenberger tun, denn Agricola behauptete, [Kf. Moritz von Sachsen] habe das Interim bedingungslos angenommen. [Mgf. Johann von Brandenburg-Küstrin] ist sehr beunruhigt. Fürbitte.
[7] B. bittet um die Todesanzeige des Augustin [Schurff: CR 6, 902-904 Nr. 4237, ⇨ MBW 5154] und um die Hieronymus-Rede des [Johannes] Stigel [⇨ 5245]. Grüße von Kanzler [Johannes Weinlaub], Lic. Heiler, [Hieronymus] Schwolle, Abraham und Noah Buchholzer sowie Jodocus Willich. B. mißbilligt die Haltung des Hieronymus Schurff [gegenüber dem Interim]. M.s Sohn [Philipp] erhält von B. ein Trinkgefäß [⇨ 5250.3]. Grüße an ihn, an [Caspar] Cruciger, Johannes Bugenhagen, [Georg] Maior und Paul Eber. [8-11: Beiliegende Zettel]
[8] Agricola lobt die Interimspolitik des Hz. Moritz [von Sachsen], der mit [Kf. Joachim II. von Brandenburg] vereinbart habe, auf einer Konferenz der beiderseitigen [Theologen] und Räte die Religion zu koordinieren [⇨ 5385]. B. begrüßt dies, doch die Hofräte halten es für Lügen.
[9] Agricola sagt, wer das Interim nicht annimmt, sei kein Christ, denn durch es werde in zwei Jahren ganz Europa zum Evangelium kommen, es werde in Frankreich, Polen und der ganzen Welt wirken.
[10] Er sagte, die Anrufung [der Heiligen] solle nicht auf die Kanzel kommen, nur in [den Meßkanon]. B.s Einwand Joh 1, 16 schob er beiseite. Den Nürnbergern habe er aber zugestanden, den Kanon heimlich wegzulassen [⇨ 5394]. B. verwies dagegen auf die Bekenntnispflicht.
[11] B. erfährt gerade vom Kanzler [Weinlaub], Kf. [Joachim II.] habe gesagt, Agricola solle nach seiner Genesung den [Theologen] und Räten das Interim erläutern. B. wird berichten [5249]. Agricola vergleicht die Darstellungsweise des Interims mit Ciceros »Orator« und unterscheidet theologische und scholastische Rede. Die Wittenberger hätten nicht ohne Verständnis darüber schreiben sollen [⇨ 5182].