M. an Johannes Mathesius [in Joachimsthal]. - [Wittenberg], 27. März [1544]

Ehemals 3569.

[1] M. ermahnt Math., sich das Wohlwollen seines Kollegen [Pfarrer Sebastian Steude] um der Gemeinde willen zu erhalten, und billigt, daß beide sich vor der Predigt absprechen wollen. Math. [als Prediger] soll alles vermeiden, woran jener Anstoß nehmen könnte, ihm die Rede über das Abendmahl überlassen [⇨ 3465] und selbst dem Volke Heilsames und Ermahnendes predigen, dabei auch mit dem Einfall der Türken drohen.

[2] M.s Tochter [Anna Sabinus] läßt für die Krone danken. M. erwartet den Besuch des Math., um mit ihm über vieles zu reden.

Fundort:
CR 5, 273 Nr. 2830 (ohne § 2); CR 7, 603f Nr. 4729. ‒ MBW.T 13.
Datierung:
Jahr: Die Identität von CR Nr. 2830 und Nr. 4729 wurde weder von Vogt [H 3089] noch Flemming [H 3118] noch Loesche, Mathesius 2, 274f Nr. 62 erkannt. W. Möller, Andreas Osiander (1870, 21965), 199 mit 536 Anm. 37 glaubt, daß CR Nr. 2830 an Veit Dietrich gerichtet ist. Das ist unmöglich, denn in diesem Brief geht es darum, daß der Empfänger sich mit seinem Kollegen so einigt, daß dieser die Abendmahlsfeier leitet, jener die Predigt hält. Osiander und Dietrich waren aber an verschiedenen Kirchen tätig. Für Math. ist eine solche Vereinbarung gut denkbar in der Zeit, als er unter Pfarrer Steude nur Prediger war, also von April 1542 (am 29. März wurde er in Wittenberg ordiniert) bis 25. November 1545 (Loesche 1, 124); danach ist er selbst Pfarrer. Bretschneider wurde zu seiner Datierung 1550 anscheinend dadurch veranlaßt, daß er das Geschenk (corona) für M.s Tochter auf deren Hochzeit am 2. Juni 1550 bezog. Ihm folgt Loesche 2, 274f. Nun dankt aber M. dem Math. schon am 21. Mai 1550 für das Hochzeitsgeschenk (CR 7, 599 Nr. 4723; dieser Brief gehört auch wegen der Erwähnung des Augsburger Reichstags ins Jahr 1550). Sollte M. am 27. Mai für ein weiteres Geschenk — gar für den Hochzeitskranz (Loesche 2, 274), der doch wohl von den Brauteltern gestiftet wurde — danken? Wenn M. den Math. in Wittenberg — also zur Hochzeit am 2. Juni — erwartet, so ist der zeitliche Spielraum vom 27. Mai an äußerst knapp bemessen. Math. war offenbar nicht bei der Hochzeit von Magdalena Peucer, wie aus dem Fehlen jeder Andeutung in seinem Brief an Paul Eber vom 15. Juni 1550 (Loesche 2, 275f Nr. 63) doch wohl hervorgeht. Ein weiteres Indiz für 1550 scheint der Brief M.s an Math. vom 25. April 1550 (CR 7, 575 Nr. 4703) zu sein, der ebenfalls vom Abendmahl handelt. Doch geht es hierbei um etwas anderes, nämlich um die Frage, ob unter äußerem Zwang das Abendmahl heimlich in der Hausgemeinde gefeiert werden soll. Der Brief vom 27. Mai paßt also nicht zu dieser Frage des Math., die aus der Zeit der politischen Schwäche des Protestantismus herrührt. Über Streitigkeiten mit Kollegen ist aus dieser Zeit sonst nichts überliefert (vgl. Loesche 1, 178). Dagegen gehört eindeutig in den Zusammenhang von MBW 3491a der Brief vom 25. Februar (3465), den CR nur deshalb nicht ins Jahr 1550 setzen konnte, weil darin von einem ,antea' an Cruciger (gest. 16. 11. 1548) gerichteten Brief des Math. über die Streitigkeiten des vergangenen Jahres die Rede ist. 3465 gehört aber offenbar in dasselbe Jahr wie 3491a. Daß das am 25. Februar erwogene Treffen auf der Maimesse in Leipzig nicht zustande kam, obwohl M. dort war (bei ⇨ 3550), ist kein Gegenbeweis. Die Kombination dieser beiden Briefe und die Erkenntnis, daß der Streitfall in die Zeit fällt, bevor Math. als oberster Geistlicher von Joachimsthal solche Probleme in eigener Autorität entscheiden konnte, ergibt eindeutig 1544 als Abfassungsjahr. 1542 scheidet wegen 3465 aus (im Februar 1542 war Math. noch nicht Prediger), 1543, weil M. im Mai in Bonn war. 1545 kommt nicht in Betracht, weil Math. im April in Wittenberg war (Abreise am 24. April: WAB 11, 75f Nr. 4094). Eine andere Situation herrscht im Brief vom 13. Februar 1546 (4157): Math. ist jetzt selbst Pfarrer und erwägt die Abschaffung der Elevation. — Bleibt noch die Frage nach der corona, die Math. M.s Tochter schenkte. Magdalena war damals 13 Jahre alt. Math., der sie von seinen Wittenberger Aufenthalten her kannte, konnte allemal Grund haben, ihr eine Freude zu machen. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß Anna Sabinus, die damals bei ihren Eltern weilte (⇨ 3566), die Empfängerin ist. Dann wäre das Geschenk eine Aufmerksamkeit für die leidgeprüfte Frau, wobei offenbleiben muß, ob es sich um einen Kranz (als Schmuckstück) oder um eine Goldmünze handelt.
Nachtrag:
§ 2 zu ergänzen: ... um mit ihm und [Caspar] Cruciger über vieles zu reden. Datum: Der im Lib.II (und danach in CR 7, 604) angegebene ›27. Maii‹ ist mit BL905 und N35 in ›27. Martii‹ zu korrigieren.

Normdaten