M. an Thomas [Cranmer], Eb. von Canterbury. Vorrede zu: Matthias Flacius Illyricus, De vocabulo fidei et aliis quibusdam vocabulis explicatio vera et utilis, sumta ex fontibus Ebraicis. Wittenberg, Veit Kreutzer, 1549. - Wittenberg, 1. März 1549

[1.1] Natur und menschlicher Geist weisen auf den Schöpfer.

[1.2] Dieser hat sich zusätzlich in seinem Wort geoffenbart.

[2.1] Leider wurde dieses durch den Teufel verdrängt; Gottlose bezeichneten es als dunkel, mehrdeutig, rätselhaft (Platon) und verlangten sichere Lehrer.

[2.2] M. kannte einige, die statt der Bibel in der Kirche wortwörtlich Aristoteles' Ethik mit einigen traditionellen Zeremonien lehrten.

[2.3] Dafür macht man auch die Lehrstreitigkeiten in der Kirche (Paulus, Pharisäer; [Paul] von Samosata, Arius) geltend.

[3.1] Doch diese entstehen nicht immer durch die Dunkelheit der Schrift, sondern oft aus der Bosheit der Menschen, wie die Juden beweisen, die sich nicht einmal durch die Wunder Jesu überzeugen ließen.

[3.2] Daß alle Aussagen verdreht werden können, ist kein Beweis dafür, daß es keine Sicherheit gibt. Vielmehr sind Kenntnis des Sprachgebrauchs, Bildung, Aufrichtigkeit, Gottesfurcht, Wahrheitsliebe, Freiheit von Ehrgeiz und anderen Leidenschaften mitzubringen.

[3.3] Schließlich war es Gottes Absicht, den Menschen unzweideutige Gesetze und Verheißungen zu geben,

[3.4] und er ist fähig, sich klar auszudrücken.

[3.5] Beispiele und Schriftzeugnisse für die Klarheit der Lehre.

[4] Dagegen werden eingewendet die Kürze vieler Aussagen, die Streitigkeiten, die Existenz von kirchlichen Lehrentscheidungen.

[5.1] Doch das geistliche Amt schafft keine neue Lehre; es ist zur Belehrung der Ungelehrten und Jungen da. Die Kirche ist gleichsam die Grammatik des Wortes Gottes.

[5.2] Lehrentscheidungen sind wegen der Streitigkeiten nötig und zur Stärkung der Schwachen. Sie schaffen keine neue Lehre, sondern widerlegen mit Zeugnissen des göttlichen Wortes die Verderbnisse wie die Kirche von Antiochia gegen Paul von Samosata im Logosstreit.

[5.3] Sie unterliegen der Prüfung durch ganz frühe Zeugnisse wie Gregorios Thaumaturgos und Irenaeus.

[6] M. ruft zur Schriftlektüre und zur Übung auf.

[7] Am meisten hilft dabei die Kenntnis des sprachlichen Ausdrucks. Deshalb handelt dieses Buch von Wortbedeutungen. Bedauerlicherweise ging in der Kirche durch die barbarischen Mönche die Bedeutung von Grundbegriffen wie Glaube, Opfer, Gnade, Rechtfertigung verloren. Glaube als bloße Kenntnisnahme und daraus folgend Glaube als Vorbereitung zur Gerechtigkeit [⇨ 5117; 5214 u. ö.] ist aus dem hebräischen Sprachgebrauch leicht zu widerlegen. Weitere Beispiele im Buch selbst. Lernende sollen nach sprachlichem Urteil streben.

[8] Widmung an C.

Fundort:
CR 7, 345-349 Nr. 4500 (345 Z. 33f: indicabant; 346 Z. 32: agnosci voluit, voluit in; 347 Z. 19f: praeconia; Z. 21: moveant; Z. 23: petendam; Z. 32: omnes homines; Z. 19: probatis; 349 Z. 3: doctrina; Z. 17 velut: videlicet); vgl. R. Keller, Der Schlüssel zur Schrift. Die Lehre vom Wort Gottes bei Matthias Flacius Illyricus (1984), 101-103 und 114f. ‒ MBW.T 19.
Datierung:
Das Regest ist angefertigt nach der Erstauflage von 1549 (deren Druckfehler freilich hier nicht notiert sind). Flacius hat die Vorrede M.s auch in die Neuauflagen, die er 1555 und 1563 unter dem Titel »De voce et re fidei« herausbrachte, aufgenommen und dabei nicht nur sein eigenes Werk, sondern auch den Text der Vorrede M.s selbständig erweitert, gerade auch um das M. in den Mund gelegte Lob seiner selbst. Der Abdruck in Band 4 (Straßburg 1558) der »Selectarum declamationum« M.s (→CR 10, 684f), zu dem Caspar Peucer ein Vorwort schrieb, bietet den erweiterten Text der Ausgabe von 1555. Man hat offenbar in Wittenberg die eigenmächtige Erweiterung des F. nicht bemerkt. Allerdings ist in der separat gedruckten Vorrede nicht deutlich, wer mit ,Matthias' gemeint ist. CR legt nach eigener Angabe die Auflage von 1563 zugrunde. Die Erweiterungen des Flacius stehen zwischen § 5.3 und § 6 (CR 7, 348 Z. 24-44) und in § 7 (CR 7, 349 Z. 24-40). Inhalt: Logos als Person, Kürze der Schrift und ihre Ausleger, Lob des Flacius; Beispiel: Gott als Urheber der Sünde ist eine aus dem hebräischen Sprachgebrauch zu korrigierende Irrlehre. — Es ist das Verdienst von Rudolf Keller, diesen Sachverhalt erstmals dargestellt zu haben.

Normdaten