M. an Johannes Obernburger [im Feldlager vor Wittenberg]. - Einbeck, 24. Mai 1547

[1] Kaiser Karl hat seine Milde im Sieg gegenüber gefangenen Königen [Kg. Franz I. von Frankreich, Schlacht von Pavia 1525] und unterworfenen Fürsten [Hz. Wilhelm von Kleve-Jülich, ⇨ 3320] und zuletzt gegenüber den Söhnen des gefangenen Hz.s [Johann Friedrich] von Sachsen, [Johann Friedrich d. M., Johann Wilhelm, Johann Friedrich d. J.], die er wieder in ihr Erbe einsetzte [Wittenberger Kapitulation vom 19. 5. 1547: →Pol. Korr. Moritz 3, 412-416 Nr. 584], bewiesen.

[2] Die Hofräte werden seinem Beispiel folgen; jedenfalls den O. hat M. als einen milden und gerechten Mann kennengelernt [⇨ 1258.1].

[3] M. war zwar an der Universität der bekriegten Stadt [Wittenberg], doch ohne Waffen, und seine Unterweisung der Jugend ist unabhängig von politischen Veränderungen. Deshalb fürchtet er nicht um sein Leben. Wer seine Einstellung gegenüber den Kriegsursachen kennt [⇨ 5139.11], kann ihm ohnehin nicht zürnen.

[4] M. bittet darum, daß denjenigen Professoren, die nichts mit den Religionsstreitigkeiten zu tun hatten, die Rückkehr in ihre Häuser erlaubt wird.

[5] Auch Kg. Demetrios [Poliorketes] kämpfte nicht gegen die Künste, sondern schonte bei der Belagerung von Rhodos [304 v. Chr.] ein Gemälde des Protogenes [Plinius, Nat. hist. 35, 37].

[6] Für sich wagt M. nicht zu bitten, aber für die Freunde, deren Namen er aufgezeichnet hat. Die Antwort möge durch den Überbringer, O.s Landsmann Michael [Meienburg], erfolgen.

[7] Namenliste. Die Juristen Hieronymus Schurff, Bleikard [Sindringer], Benedikt [Pauli], Melchior Kling, Laurentius Zoch [d. J.] werden ihre Rückkehr vielleicht unmittelbar bei [Kf. Joachim II.] von Brandenburg und Kf. [Moritz von Sachsen] beantragen. Die Mediziner Augustin Schurff, Jakob Milichius, [Johannes] Straub; der Mathematiker Erasmus [Reinhold] sowie die Philosophen Veit [Örtel], Johannes Marcellus und Paul Eber.

Fundort:
CR 6, 543-546 Nr. 3883. ‒ MBW.T 16.
Datierung:
Datum und Ort: Der singulär überlieferte 15. Juni scheidet aus, weil M. in 4753 und 4758 dieses Gesuch erwähnt. Außerdem war damals das Feldlager vor Wittenberg, wo sich der Kaiser und bei ihm laut 4758.2 auch sein Sekretär O., aber auch die beiden in § 7 genannten Fürsten befanden, längst aufgelöst. M.s Schreiben hätte dann nach Halle gehen müssen, wäre für die Situation in Wittenberg viel zu spät abgefaßt und würde auch nicht zu O.s Antwort 4771 passen. Außerdem schreibt M. am 15. Juni aus Nordhausen (⇨ 4779). M. ist also unmittelbar nach der Wittenberger Kapitulation für seine Kollegen tätig geworden. Daß er dies von Einbeck aus tat, ist erstaunlich; die (verschollene) Klitschdorf-Wehrauer Abschrift meint denn auch, der Brief sei in Nordhausen geschrieben (Notiz von Paul Flemming). Doch wie sollte dann die Ortsangabe Einbeck entstanden sein? Eine Fiktion zwecks Verheimlichung des wahren Aufenthalts Nordhausen anzunehmen, ist abwegig, denn dieser Aufenthalt in der neutralen Reichsstadt ließ sich ohnehin nicht verheimlichen, zumal der Bürgermeister dieser Stadt den Brief überbrachte. M. muß also am 24. Mai in Einbeck, aber schon am 26. in Nordhausen gewesen sein. Anscheinend hat er den zweiten Wagen mit seiner Frau und dem größeren Teil seiner Habseligkeiten nicht wie die Beiladung über den Harz geschickt (⇨ 4745; ⇨ 4749), sondern das Gebirge umfahren und weitab vom Ziel den befreundeten Meienburg getroffen, der zum Kaiserhof unterwegs war. Wenn allerdings M. schon am 26. aus Nordhausen schreiben konnte, muß er schneller als ein Lastwagen vorangekommen sein. Schließlich ist noch anzumerken, daß der in § 7 genannte Zoch am 27. Februar 1547 in Wittenberg gestorben war (⇨ 4633). Kaum denkbar, daß dies M. entfallen war. Vermutlich hat jemand die ohnehin spärlich und spät überlieferte Liste aus unzulänglicher Kenntnis komplettiert.
Nachtrag:
Regest § 7 zu berichtigen: ... die Witwe des Laurentius Zoch, [Katharina] Schurff (nicht: Laurentius Zoch). Außerdem zu ergänzen: Die Pastoren, Diakone und Doktoren, namentlich Cruciger.

Normdaten
Personen:

Demetrios Poliorketes: http://d-nb.info/gnd/118524623

Eber, Paul: http://d-nb.info/gnd/118681524

Franz I. von Frankreich: http://d-nb.info/gnd/118534947

Joachim II. von Brandenburg: http://d-nb.info/gnd/118557556

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Johann Friedrich d. J. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/102358710

Johann Friedrich d. M. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100031900

Johann Wilhelm von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100863892

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Kling, Melchior: http://d-nb.info/gnd/116228741

Marcellus, Johannes: http://d-nb.info/gnd/124397093

Meienburg, Michael: http://d-nb.info/gnd/130378453

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Melanchthon, Katharina: http://d-nb.info/gnd/130475483

Moritz von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118584138

Obernburger, Johannes: http://d-nb.info/gnd/123304768

Örtel, Veit: http://d-nb.info/gnd/124661076

Pauli, Benedikt: http://d-nb.info/gnd/119782138

Plinius: http://d-nb.info/gnd/118595083

Reinhold, Erasmus: http://d-nb.info/gnd/11899901X

Schurff, Augustin: http://d-nb.info/gnd/130475513

Schurff, Hieronymus: http://d-nb.info/gnd/104161884

Sindringer, Bleikard: http://d-nb.info/gnd/1012363724

Wilhelm von Kleve-Jülich: http://d-nb.info/gnd/118807358

Zoch, Laurentius d. J.: http://d-nb.info/gnd/119878690