M. an Joachim Camerarius [in Leipzig]. - [Wittenberg, 4. Dezember 1543]

[1.1] M. dankt für C.s Anteilnahme am Elend der Seinen, möchte aber nicht, daß C. die [Berufung] des [Georg] Sabinus nach [Leipzig] betreibt, um nicht bei den ohnehin mißtrauischen „Wenden“ [den Einwohnern des Hzt. Sachsen] ins Gerede zu kommen. M. ließ lieber seine Tochter [Anna Sabinus] gehen, als daß er [deren Mann eine Stelle in Wittenberg besorgte].

[1.2] Außerdem scheint Sabinus [Königsberg] vorzuziehen. Denn als M. aus [Bonn, ⇨ 3288.1] zurückkehrte und ihn traf, sprach er vom teuren Leben in Leipzig. Auf seinen Eigensinn läßt schon das Horoskop schließen. Hätte M. es nur beachtet, als Sabinus um seine Tochter warb, was er nach seinem Geständnis nicht aus eigenem Antrieb tat, sondern auf Anstiften des [Eb. Albrecht] von Mainz, der M. von [Wittenberg] abziehen wollte.

[1.3] M. tröstet sich mit der Gottesebenbildlichkeit der Menschen und dem Mitleid Gottes, bezeugt durch die Menschwerdung seines Sohnes.

[2] Auch die [Wittenberger] haben den Auftrag zu einem Gutachten über das besetzte [Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel, ⇨ 3384].

Fundort:
CR 5, 406f Nr. 2953; Cod. I, 360f. ‒ MBW.T 12.
Datierung:
Datum: Von Cam. zwischen 25. 3. 1544 (3488) und 19. 5. 1544 (3561) eingeordnet, im CR auf Ende Mai 1544 gesetzt. Aber am 20. Februar 1544 (3458), eindeutig am 1. März (3468.1), war entschieden, daß Sabinus nicht nach Leipzig gehen würde. Da M. am 9. Februar dies noch nicht ausschließt (3450.3), könnte man 3384a, wo M. von einer Berufung seines Schwiegersohns nach Leipzig abrät, zwischen 9. und 20. Februar 1544 datieren, zumal am 13. das Problem Wolfenbüttel erwähnt wird (3454.2). Doch die Betrachtung über die tröstliche Menschwerdung Christi weist in die Adventszeit; ähnliche Gedanken äußert M. am 9. Dezember 1543 (3390f). Der Auftrag zu dem Gutachten über Wolfenbüttel wurde am 2. Dezember, dem 1. Adventssonntag 1543, in Weimar ausgefertigt (3384) und am 20. erfüllt (3404). Am 7. Dezember antwortet M. auf eine Verteidigung des C. gegen M.s Kritik an Sabinus. Da M.s Urteil über diesen in 3384a viel schärfer ist als in 3380 (der ersten Erwähnung von Sabinus' Interesse an dem Königsberger Rektorat), dürfte vor allem dieser Brief gemeint sein. M. muß ihn also sofort nach Empfang des kfl. Auftrags vom 2. Dezember, der am 4. in Wittenberg sein konnte, geschrieben haben, denn C.s Antwort, die am 7. in Wittenberg war, ist wahrscheinlich am 5. oder 6. geschrieben. Wie schnell die Post zwischen Wittenberg und Leipzig gehen konnte, zeigt C.s Antwort vom 8. (3389) auf den Brief vom 7. (3387).

Normdaten
Personen:

Albrecht von Brandenburg, Eb. von Mainz: http://d-nb.info/gnd/118647733

Camerarius, Joachim: http://d-nb.info/gnd/118518569

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Sabinus, Anna: http://d-nb.info/gnd/130464708

Sabinus, Georg: http://d-nb.info/gnd/116713550