M. an Georg Cracow [in Wittenberg].
- [Wittenberg, Mitte Oktober 1559]
M. bittet C., um [Johannes] Mathesius' willen mit aufs Land zu kommen zu Gesprächen über die Weimarer [flacianischen] Lehren: die vom widersprüchlichen Willen Gottes erneuert den Manichäismus mit seinen zwei Prinzipien und die von der Ubiquität wird Streit entfachen.
Fundort:
CR 9, 1002 Nr. 6895; Autograph: Dresden HSA, Loc. 8573 Allerlei Schreiben von und an Dr. George Crackauen 1559-1574, Bd. 3, f. 54r (CR Z. 1 fehlt; Z. 2: S. D. Clariss. vir et cariss. frater; Z. 4: rursus fehlt; Spero nos; a. E.: Philippus).
Datierung:
Datum: Auf die Manichäer kommt M. in seinen Briefen nur selten zu sprechen, zumeist als historische Reminiszenz (2685.1; 3775.3.2; 8713.1; 9073.3). Als aktuelle Häresie und in Verbindung mit den thüringischen Flacianern wie in 9099 erscheinen sie in dem Gutachten über das Weimarer Konfutationsbuch (8886.6), wo zudem ein Brief des Mathesius über die Willenslehre des Nikolaus Gallus erwähnt ist, ein Problem, das in M.s Briefen an Mathesius des Jahres 1559 mehrmals berührt wird (8826.1; 8925; 9074.4). Das Gespräch mit Mathesius, zu dem C. eingeladen wird, hatte also offenbar dasselbe Thema. Damit ist der Bezug zum Weimarer Konfutationsbuch des Jahres 1559 gegeben. In diesem Jahr hat Mathesius in Begleitung des „Gegenschreibers“ Georg Hochreuter M. zum letzten Mal besucht, wie er selbst in seiner Joachimsthaler Chronik festgehalten hat (Loesche, Mathesius 1, 192; 2, 397-400 Nr. XVII). An einem 22. Mai schrieb er aus Joachimsthal an Paul Eber und meldete seine glückliche Rückkehr. Loesche, Mathesius 2, 347f Nr. 162, bringt diesen Brief, der mit der unmöglichen Jahreszahl 1569 (Mathesius starb 1565) versehen ist, mit dem Besuch des Jahres 1559 in Verbindung, obwohl M. am 20. Mai 1559 einen Brief an Mathesius in Joachimsthal schrieb (8962 = Loesche 2, 346f Nr. 161). Der Brief vom 22. Mai kann aber auch deshalb nicht schon 1559 oder früher geschrieben sein, weil Eber hierin als Doktor bezeichnet wird, welchen Titel er am 7. Dezember 1559 erwarb (⇨ 9158; Liber Decanorum 48f). Mathesius war zur Promotionsfeier eingeladen, konnte aber nicht kommen, wie er am 26. (nicht 27.) November an Eber schrieb (Loesche 2, 351f Nr. 170). Daß der Brief vom 22. Mai ins Jahr 1561 gehört, erhellt aus seinem Inhalt: Mathesius hatte einen Sohn zum Studium nach Wittenberg gebracht. Sein zweiter Sohn Paul wurde dort am 8. Mai 1561 immatrikuliert; der im Brief erwähnte Präzeptor war Christoph Pezel (Loesche 1, 213). Mit dieser Datierung ist der Beleg für einen Besuch des Mathesius bei M. im Mai 1559 hinfällig. Ein Zusammentreffen mit C., das durch 9099 bezeugt ist, wäre im Mai 1559 nicht möglich gewesen, denn C. befand sich von Januar bis nach dem 28. Juni in Augsburg, das er vor dem 12. September verlassen hat (⇨ 8818.2; ⇨ 8990.3; ⇨ 9055). Mitte September ist er krank in Wittenberg (⇨ 9058). In Augsburg hat er wahrscheinlich die Verlesung des Reichstagsabschieds, die am 18. August erfolgte (Ernst, Christoph-BW 4, 691 Nr. 598 Anm. 1), abgewartet, dürfte dann aber unverzüglich abgereist sein, so daß mit seiner Anwesenheit in Wittenberg ab Ende August gerechnet werden kann. Mathesius wurde am 19. Juli von M. zur Promotion des Andreas Rosa am 3. August eingeladen (9005.3). Am 18. August schickte M. den Druck der Festrede ohne einen Hinweis auf die Anwesenheit des Joachimsthaler Freundes (9034.4). Er war also nicht gekommen. Ein Treffen mit C. wäre auch am 3. August nicht möglich gewesen. Am 21. September mußte C. wieder verreisen (⇨ 9063). Am 25. war er nicht in Wittenberg (⇨ 9072), und M. schrieb an Mathesius einen Brief, in dem er das Problem der Willensfreiheit berührte (9074). Dieser Brief ging am 28. September ab, und der Überbringer, der über Nürnberg am 14. Oktober in Regensburg eintraf, wurde in Joachimsthal von Mathesius und vom Stadtrat freundlich aufgenommen (⇨ 9098). Mathesius war also Anfang Oktober zu Hause. Er war auch davor nicht in Wittenberg, denn dabei hätte er den Überbringer jenes Briefes, Demetrios, kennengelernt, den ihm M. und auch Peucer in seinem gleichzeitigen Schreiben (bei ⇨ 9074) als einen Vertreter der griechischen Kirche, der den Sommer über in Wittenberg weilte, ausführlich vorstellen mußten. Der nächste erhaltene Brief M.s an Mathesius ist vom 14. November (9132), und am 26. lehnt Mathesius die Einladung zu Ebers Promotion ab (s. o.). Seinen Besuch in Wittenberg kann er also nur davor gemacht haben. C. ist am 10. Oktober in Wittenberg nachweisbar (⇨ 9090). Am 18. Oktober wurde er zum Rektor gewählt (⇨ 9103.7) und in den folgenden Briefen von M. so tituliert (9145 usw.). In 9099 fehlt diese Anrede, was auf die Zeit vor dem 18. Oktober weist. M. war am 12. Oktober in Leipzig (⇨ 9093-9096) und am 13. wieder in Wittenberg (⇨ 9097). Offenbar hatte auch Mathesius die Leipziger Herbstmesse besucht und war dann zu M. nach Wittenberg gekommen, möglicherweise zusammen mit ihm. 9099 ist also mit großer Wahrscheinlichkeit Mitte Oktober 1559 geschrieben. Vielleicht hat Mathesius MBW 9100 vom 18. Oktober mitgenommen.