M. an Heinrich Schneidewein [in Kemberg]: Bericht für Hz. Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen [in Augsburg]. Dt. - [Kemberg, 18. April 1548]

[1] Das Interim ist eine verschärfte und spitzfindigere Bearbeitung des in Worms [⇨ 2638.1] von [Johannes] Gropper und [Martin] Bucer verfaßten Regensburger Buches [⇨ 2705.2.2]. Bearbeiter sind anscheinend [Michael Helding] und Bucer, nicht Julius [Pflug], der ein eigenes, erträglicheres Buch verfaßte und klarer schreibt.

[2.1] Schöpfung, Sündenfall und Erlösung sind nicht unrichtig.

[2.2.1] Die Rechtfertigungslehre weicht ab vom Regensburger Kompromiß [⇨ 2705.2.4]: Sündenvergebung durch den Glauben und die Bezeichnung der Gerechtigkeit als Liebe sind in sich widersprüchlich, aber so subtil, daß manche es für die [evangelische] Lehre halten. Doch ist dabei der Glaube nur eine Vorbereitung zur Gerechtigkeit. Den jüngeren Zusatz, daß man nicht zweifeln soll, führt M. auf den [Kf. Joachim II. von Brandenburg] zurück.

[2.2.2] Der Artikel über Kirche, Bischöfe, Papst, Schisma, Canones, Schriftauslegung ist weniger schroff formuliert als in Regensburg [⇨ 2707].

[2.3] Es folgen die sieben Sakramente, darunter Konfirmation und Ölung, Beichte mit Aufzählung der Sünden, Abendmahl mit Transsubstantiation, Anbetung und Reposition, Ehe mit Bewilligung der Eltern und Verbot der Wiederverheiratung unschuldig Geschiedener.

[2.4.1] Die Messe wird als Dankopfer verstanden (die Unterscheidung von Sühn- und Dankopfer ist aus [evangelischen] Schriften gestohlen).

[2.4.2] Heiligenanrufung. Zuwendung der Messen an Seelen im Fegfeuer, Kanon.

[2.4.3] Messen ohne Kommunikanten nur implizit.

[2.5] Feste, am anstößigsten Allerheiligen. Fasten, lächerlich wegen der zahlreichen Ausnahmen.

[2.6] Mönchtum stillschweigend in Aussagen über Messe und gute Werke inbegriffen.

[2.7] Die Zugeständnisse sind Laienkelch und Duldung der Priesterehen bis zum Konzil.

[3.1] Anderen zu raten ist schwer. Jeder muß auf eigene Gefahr bekennen.

[3.2] Gottlose vorgebliche Diener der Einheit sind nicht zu bestärken.

[3.3] Gottesfürchtige schwache Opfer der Unterdrückung [die Hzz. Johann Friedrich d. M., Johann Wilhelm und Johann Friedrich d. J. von Sachsen] sind nicht zum Widerstand zu treiben.

[3.4] M. sieht endzeitliche Spaltungen voraus und betet um Erhaltung der [Kirche].

Fundort:
Abschrift von Heinrich Schneidewein: Weimar SA, Reg. M, pag. 439 Nr. 13, f. 19r-23r; Regest: Pol. Korr. Moritz 3 (1978), 782-785 Nr. 1065. ‒ MBW.T 18.
Datierung:
Datum bei 5126.

Normdaten
Personen:

Bucer, Martin: http://d-nb.info/gnd/118516507

Gropper, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118542451

Helding, Michael: http://d-nb.info/gnd/118710109

Joachim II. von Brandenburg: http://d-nb.info/gnd/118557556

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Johann Friedrich d. J. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/102358710

Johann Friedrich d. M. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100031900

Johann Wilhelm von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100863892

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Pflug, Julius: http://d-nb.info/gnd/118714082

Schneidewein, Heinrich: http://d-nb.info/gnd/104309474