Heinrich Schneidewein: Gespräch mit [M.] im Auftrag des Hz. Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen. - Unterwegs, [ca. 7 km südlich von Wittenberg, und in Kemberg, 17./18.] April 1548
[1] Sch. [⇨ 1934], der im Auftrag J. F.s bei [M.] über das [Interim] Erkundigungen einholen sollte, begegnete ihm [am 17. April] eine Meile vor [Wittenberg], gab ihm einen Brief J. F.s und redete mit ihm.
[2] Da Sch. einen schriftlichen Bericht wünschte, war [M.] bereit, in ein Städtchen zu gehen, das eine Meile von Sch.s [Übernachtungs]ort entfernt liegt [wohl Kemberg]; Sch. folgte ihm. Dort schrieb [M.] am andern Tag den gewünschten Bericht [5127]. Den Text des [Interims] besaß [M.] nicht; eine Vorstellung davon vermittelt das Regensburger Buch [⇨ 2705.2.2]. [M.] erläuterte, am Ende seien die jungen Herren [Hzz. Johann Friedrich d. M., Johann Wilhelm und Johann Friedrich d. J. von Sachsen] gemeint.
[3] [M.] sagte ferner, er selbst werde das [Interim] nicht annehmen und hoffe dasselbe von J. F. Am 19. April solle er mit [Caspar] Cruciger, [Georg] Maior und [Johannes] Pfeffinger in Altzella sein. Sie werden das [Interim] ablehnen. Außer der auf Lgf. [Philipp von Hessen] gemünzten Stelle über Polygamie [Art. 21] stehe nichts Gutes darin. Mit dem [Kaiser] und seinem obersten weltlichen Ratgeber [Nikolaus Granvella] sowie dem Geistlichen [Anton Granvella] ist [M.] unzufrieden. Wenn das [Interim] in [Kursachsen durch Kf. Moritz] angenommen wird, wollen [M.] und Bugenhagen emigrieren.
[4] [M.] läßt sich dem alten Herrn J. F. empfehlen. Er blieb in [Wittenberg] auch um seinetwillen, insbesondere aber, um die Universität zu erhalten.
Fundort:
Bericht (dt.) Sch.s an J. F. vom 18. 4. 1548, eigenhändig: Weimar SA, Reg. M, pag. 439 Nr. 13, f. 17r-18v, auf der Adresse Aktenvermerk: „D[octor] H[einrich] Schneidewein schreibt, was er mitt der bewusten Person uff i. f. g. bevelch gered, und schickt derselben bedencken das Interim betr.“; Regest: Pol. Korr. Moritz 3 (1978), 782 Nr. 1064 („Hoch“ verlesen aus „H Sch“).
‒ MBW.T 18 (erstmals publiziert).
Datierung:
Datum: Wie der ernestinische Hofrat Sch. l. c. berichtet, hat er nach Empfang des Auftrags, M. wegen des Interims zu befragen, fünf Tage zu Hause abgewartet, weil er krank war und nicht wußte, wo M. zu finden sei. Am Montag, dem 16. April, ist er aufgebrochen, wahrscheinlich aus Weimar. Dann mußte er einmal übernachten, was für den Adressaten so selbstverständlich war, daß Sch. es nicht zu erwähnen brauchte. Er begegnete M. also am 17. unterwegs eine Meile vor Wittenberg. Dies war etwa dort, wo sich die Fernstraßen aus Halle, Leipzig, Torgau vereinigten, um die Wittenberger Elbbrücke zu erreichen. M. schreibt am 15. April aus Torgau (5124). Am 17. wollte er offenbar nach Wittenberg heimkehren, obwohl er schon wußte, daß er am 19. in Altzella sein sollte (⇨ 5120; ⇨ 5125). Dann aber ließ er sich von Sch. bestimmen, die Richtung zu ändern und in einem Städtchen, „uff eine meile weges von dem orthe, dodannen ich ausgezogen, gelegen“, zu übernachten. Sch. folgte ihm, anscheinend getrennt. Um welches Städtchen es sich handelt, läßt sich wegen Sch.s verschlüsselter Beschreibung nicht sicher ermitteln. Es dürfte aber Kemberg sein, denn daß M., der von Torgau kam, noch am gleichen Tag die ganze Dübener Heide durchquert haben sollte, um nach Düben (dem nächsten Städtchen auf seiner Route Richtung Altzella) zu gelangen, ist unwahrscheinlich. Sch. mochte in einem Dorf unweit Kemberg übernachtet haben. Vielleicht traf er M. gar nicht zufällig, sondern hatte erfahren, daß dieser in Torgau war, und erwartete ihn auf der Straße. Es konnte ihm nicht unlieb sein, wenn seine Mission nicht in Wittenberg publik wurde. Am andern Morgen jedenfalls schrieb M. sein Gutachten 5127 nieder, das Sch. abschrieb und mit seinem eigenen Bericht an J. F. in Augsburg gelangen ließ. M. ist dann nach Altzella gezogen, ohne Wittenberg berührt zu haben. Seine Kollegen waren bis dahin in Zwickau geblieben (⇨ 5122).