M. an Paul Eber [in Wittenberg]. - [Zerbst, 13./14. März 1547]

[1] Obwohl M. sich Trostgründe vorstellt, quält ihn der Gedanke an die Tränen seiner Tochter [Anna Sabinus] und ihr Schweigen, doch mehr noch der allgemeine Kummer. Bucer schrieb kühl; er hofft auf Frieden für die Stadt [Straßburg]. M. sorgt sich um das „Staatsschiff“ [Aristophanes, Wespen 29] und betet. Er schickt seine Trostschrift [4648].

[2] E. soll [den Überbringer] Johannes [Koch] an seinen Tisch aufnehmen, auch wegen der Gespräche. Er soll für M.s Frau Schuhe besorgen.

[3] Gestern weinte M. viel, träumte aber angenehm von [Johannes] Reuchlin, [Giovanni] Pico della Mirandola und der Universität [Wittenberg].

Fundort:
CR 6, 406 Nr. 3752. ‒ MBW.T 16.
Datierung:
Datum: Offenbar im Schmalkaldischen Krieg. M. befindet sich nicht in Wittenberg, wohin sein Diener Koch geschickt wird. Die Stadt ist nicht unmittelbar bedroht. Die Kämpfe in Oberdeutschland sind beendet, die Stadt Straßburg führt Friedensverhandlungen. Bucers Brief könnte demnach die Antwort auf M.s Brief vom 23. 1. 1547 (⇨ 4566.5) sein. M.s Famulus Koch scheint für längere Zeit nach Wittenberg zu gehen, da M. für seine leibliche und geistige Betreuung Vorsorge trifft. Eine längere Abwesenheit des unentbehrlichen Faktotums ist aber nur denkbar, wenn M. selbst bei der Familie blieb. Am 8. April kündigte er seinen Besuch in Wittenberg an, sobald Koch zurückgekehrt sei (4697.2). Über das Schweigen seiner Tochter konnte M. nur klagen, bevor er am 14. März die Nachricht von ihrer schweren Krankheit erhielt (⇨ 4650.1). Zuvor war er selbst viel unterwegs. Am 12. kehrte er aus Wittenberg zurück. Die Tränen seiner Tochter, die er bei E. als bekannt voraussetzt, dürften einem in Wittenberg erlebten Traum (⇨ 4650.1) entstammen. Unmittelbar nach M.s Rückkehr ist Koch mit 4649 nach Wittenberg gegangen, also am 13. oder am Morgen des 14. März.

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