M.: Gutachten [an Joachim Camerarius in Zerbst für Fürst Georg von Anhalt in Merseburg]. - [Zerbst, 17. November 1546]

[1] Der Kaiser wird bei jedem Friedensgesuch des Lgf. [Philipp von Hessen] oder anderer die Auflösung des [Schmalkaldischen] Bundes verlangen, was der Lgf. zu verhindern suchen wird. Deshalb ist M. auch skeptisch hinsichtlich dessen Antwort [vom 6. 11. 1546: Pol. Korr. Moritz 2, 916f Nr. 1050] auf das Schreiben des Hz. Moritz [vom 27. 10. 1546: ebd. 904-906 Nr. 1041], erwartet aber mehr von der Vermittlung [neutraler] Fürsten.

[2] Die [Friedens]bedingungen des Hz. Moritz sind wohlbedacht.

[2.1] Anstoß wird aber erregen, daß die gegnerische Lehre bis zur Entscheidung [durch ein Konzil] nicht verworfen werden darf [l. c. S. 905 Z. 4f].

[2.2] Der Besitzstand der Bischöfe soll [nicht erst vom Konzil festgelegt (vgl. l. c. Z. 7f), sondern jetzt schon] garantiert werden.

[2.3] M. lobt, daß die weltlichen Sachen [l. c. Z. 16f] wie die braunschweigische [⇨ 4309.2 u. ö.] von der Lehre unterschieden werden sollen, was die [Protestanten] nicht immer taten.

Fundort:
CR 6, 312 Nr. 3654. ‒ MBW.T 15.
Datierung:
Datum: Von CR auf den Versuch des Lgf. bezogen, zwischen Hz. Moritz und dem Kf. Johann Friedrich zu vermitteln (bei ⇨ 4508). Es handelt sich aber um Bedingungen eines Friedens zwischen dem Lgf. (und dem Kf.) einerseits und dem Kaiser andererseits, die in einem Brief des Hz. Moritz niedergelegt sind, auf den der Lgf. noch nicht geantwortet hat. Die Zitate stellen sicher, daß es sich um den Brief vom 27. 10. 1546 handelt, den der Lgf. am 6. 11. beantwortete, was M. aber erst am 23. erfuhr (⇨ 4458.3). Ein Hinweis auf den Adressaten ist durch die Überlieferung in den anhaltinischen Akten (eigenhändig: Koblenz BA, LA Oranienbaum, GAR 1031, p. 260-263, also unmittelbar vor MBW 4460) gegeben. Da M. am 15. 11. auf ein Schreiben G.s vom 23. 10. eingeht (4448.1), hat in der Zwischenzeit keine Verbindung zwischen beiden bestanden, was angesichts der Lage in der Festung Wittenberg ohnehin anzunehmen ist. Nachdem aber M. in der anhaltinischen Stadt Zerbst Zuflucht gefunden hatte, wurde er wieder über Vorgänge im feindlichen Hzt. Sachsen informiert. Am 17. November war Camerarius bei M. in Zerbst (⇨ 4450.2). Nach Leipzig zurückgekehrt, berichtete er am 22. dem Fürsten Georg von Anhalt u. a. darüber, daß er auftragsgemäß den Ordinarius [Ludwig Fachs] von M.s Stellungnahme zu den dem Lgf. unterbreiteten Punkten in Kenntnis gesetzt habe: C. Krause, Melanthoniana (1885), 106-108 Nr. 24, bes. 107 § 2. Es handelt sich eindeutig um MBW 4451, das demnach zweifellos (vorsichtiger Christmann S. 18-20) während Camerarius' Besuch in Zerbst entstanden ist.

Normdaten
Personen:

Camerarius, Joachim: http://d-nb.info/gnd/118518569

Fachs, Ludwig: http://d-nb.info/gnd/125009496

Georg von Anhalt: http://d-nb.info/gnd/118716891

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Moritz von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118584138

Philipp von Hessen: http://d-nb.info/gnd/11859382X