[M.?]: Gutachten [für Kf. August von Sachsen?]. - [Undatierbar]

Über das Widerstandsrecht.

[1] Nachgeordnete Obrigkeiten haben das Recht, ihre Untertanen gegen eine tyrannische höhere Obrigkeit sogar mit Waffengewalt zu verteidigen. Doch muß die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewahrt werden. Begründung:

[1.1] Schutz der Untertanen ist Pflicht jeder Obrigkeit.

[1.2] Keine Obrigkeit ist vom göttlichen Recht ausgenommen.

[1.3] Gegen Gott wütende Obrigkeiten können von denen abgesetzt werden, die sie eingesetzt haben.

[1.4] Tyrannei ist wie Wahnsinn ein Absetzungsgrund.

[1.5] Historische Beispiele.

[2] Privatpersonen haben kein aktives Widerstandsrecht. Begründung:

[2.1] Das Schwert ist ihnen weder von Gott noch von den Gesetzen gegeben.

[2.2] Obrigkeiten sind zu ertragen, solange sie nichts Widergöttliches befehlen.

[2.3] Das Beispiel Davids.

[3] Privatpersonen haben jedoch ein Widerstandsrecht, wenn die Anrufung ordentlicher Gewalt unmöglich ist. Begründung:

[3.1] In Notfällen treten Privatpersonen an die Stelle der Obrigkeit.

[3.2] Obrigkeit darf nicht in Willkür ausarten, denn politische Ordnung dient der Erhaltung, nicht der Zerstörung von Gesellschaft und Kirche.

[4] Die Obrigkeit darf die Religion mit den Waffen gegen Tyrannen verteidigen. Begründung:

[4.1] Die Obrigkeit ist Hüterin beider Tafeln des Dekalogs.

[4.2] Leben und Religion sind gleichermaßen zu schützen.

[4.3] Historische Beispiele.

Fundort:
Abschrift: Dresden SA, Loc. 10316 Philippi Melanthonis Bedenken 1554-1558, f. 70r-73v.
Datierung:
Datum und Vf.: Von den kursächsischen Archivaren bei den Gutachten M.s zwischen MBW 9157 und 7150 abgelegt. Der streng formalistische Aufbau entspricht aber nicht M.s Stil und weckt Zweifel an seiner Verfasserschaft. Solange der Autor nicht bekannt ist, kann auch keine zeitliche Einordnung vorgenommen werden. Vielleicht handelt es sich um eine akademische Übung.

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