M.: Gutachten [für NN]. - [Wittenberg, 1555]

Über das Zinsproblem.

[1] Die dreifache Art von Zinskauf unter Hinweis auf M.s Referat der Ansicht Luthers [⇨ 7334.2] in seinem früheren Römerbriefkommentar [MSA 5, 313-317].

[2] Die dreifache Art von Darlehen.

[2.1] Zinslose Darlehen aus Gefälligkeit. Beispiel: Vater [NN] leiht dem Magister Georg [NN].

[2.2] Die verwerflichen Schulden der Fürsten bei Wucherern.

[2.3] Darlehen an Kaufleute. M. hält mit Panormitanus [Nicolaus de Tudeschis] und Hostiensis [Heinrich von Segusia] 5 Prozent Gewinnbeteiligung für angemessen und auch vom Evangelium erlaubt, die von dem niederländischen Dekret vor zwei Jahren [⇨ 6824.2] zugestandenen 10 Prozent aber für zu hoch. Bei Risikobeteiligung wird aus dem Darlehen ein Gesellschaftsvertrag.

[3] Was Wucher (usura) von Zins (interesse) unterscheidet.

[4] M.s Rat über die Rückerstattung.

[4.1] Darlehen an Fürsten müssen nicht zinslos sein, sind aber gefährlich, wie es dem Schantius [Hans von Schönitz] mit [Eb. Albrecht] von Mainz erging [⇨ 1700.2].

[4.2] Auch Zinsen aus Handelsdarlehen können, wenn sie maßvoll sind, guten Gewissens behalten werde. Bei Notlagen sind Almosen angebracht.

Fundort:
Abschrift: Freiburg UB, Hs. 311, f. 19r-21r; CR 8, 643-646 Nr. 5902 (ohne § 1 und etwas verändert).
Datierung:
Datum: Die Freiburger Abschrift ist zwar fehlerhaft, anscheinend nach unverstandenem Diktat geschrieben, aber sie bietet gegenüber dem im CR abgedruckten Text Pezels am Anfang einen Abschnitt, der einen Hinweis zur Datierung enthält, und im weiteren Text zwei konkrete Bezüge, die bei Pezel fehlen, sowie eine von Pezel abweichende Zeitangabe. In § 1 erwähnt M. seinen Exkurs über den Zinskauf „in priori editione ad Romanos“. Dies bedeutet, daß es von ihm zwei Römerbriefkommentare gibt, den von 1532 (⇨ 1276) mit dem genannten Exkurs zu 13, 4 und den von 1540 (⇨ 2336), in dem dieser Exkurs fehlt, aber noch nicht den dritten Kommentar vom April 1556 (⇨ 7785), womit ein terminus ante quem für die Freiburger Fassung gegeben ist. Terminus post quem ist das in 6824.2 vom 8. Mai 1553 erwähnte Dekret Karls V., das als zwei Jahre zurückliegend bezeichnet wird, was sich bestens mit dem terminus ante quem verträgt. Pezels Text hat an dieser Stelle „ante 4 annos“, was ins Jahr 1557 weist. Aber hier fehlt der Bezug auf den Römerbriefkommentar. Die Erklärung dürfte darin liegen, daß die 1555 entstandene Abhandlung, die in der Freiburger Abschrift überliefert ist, zwei Jahre später redigiert und so von Pezel gedruckt wurde. 1557 richtete Christoph Fischer am 5. April an die Wittenberger eine Anfrage, die am 12. April beantwortet wurde. Vielleicht wurde 7675 in diesem Zusammenhang überarbeitet, wobei die konkreten Bezüge getilgt wurden. Entstanden ist 7675 aber 1555. Eine genauere Datierung ist nicht möglich. Am 4. Februar 1555 äußert M. gegenüber Hieronymus Besold den Plan, seine alte Abhandlung über den Zinskauf zu erweitern (7403.3). Anscheinend dachte er dabei nicht an die große Abhandlung De contractibus, die er 1545 in dem Aristoteles-Kommentar (CR 16, 495-524) und 1546 in der Philosophiae moralis epitome (CR 16, 128-146; MSA 3, 266-284) publizierte, erst recht nicht an das einschlägige Kapitel in den Ethicae doctrinae elementa (CR 16, 248-261), die 1550 (⇨ 5934), 1553 und 1554 gedruckt und auch 1557 und 1560 wiederholt wurden (vgl. CR 16, 165), sondern an den Exkurs zu Röm 13, 4, den er für den neuen Kommentar auf den Stand seiner Erkenntnis bringen wollte, was aber nicht geschehen ist.

Normdaten
Personen:

Albrecht von Brandenburg, Eb. von Mainz: http://d-nb.info/gnd/118647733

Aristoteles: http://d-nb.info/gnd/118650130

Besold, Hieronymus: http://d-nb.info/gnd/116154446

Fischer, Christoph: http://d-nb.info/gnd/116535210

Heinrich von Segusia: http://d-nb.info/gnd/100945716

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Nicolaus de Tudeschis: http://d-nb.info/gnd/118588028

Panormitanus: http://d-nb.info/gnd/118588028