Kf. Joachim II. von Brandenburg an Kg. Sigismund I. von Polen. [Vf. M.]. - [Berlin, ca. 20.] Oktober 1539

[1] J. hat S. mitgeteilt, daß er die Kirchengemeinden seines Gebiets kraft landesherrlicher Verantwortung unbeschadet der Autorität der Bischöfe zu reformieren gedenkt.

[2] Da die Antwort auf dieses deutsche Schreiben ein Mißverständnis erkennen ließ, erläutert er seinem [Schwieger]vater sein Vorhaben hiermit noch einmal ausführlicher.

[3] Der wahre Gottesdienst bleibt unverrückbares Ziel.

[4] Die unleugbaren Mißstände hat J. niemals verteidigt, aber auch keinen Radikalismus zugelassen,

[5] sondern er verfolgt eine mittlere Linie im Einklang mit der katholischen Kirche Christi.

[6] Die von S. als konservative Vorbilder genannten benachbarten Fürsten [Hz. Georg von Sachsen und vermutlich Hz. Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel] wollen kirchliche Eintracht und Reform mit Zustimmung des Papstes, und namentlich J.s Schwiegervater [aus erster Ehe, Hz. Georg von Sachsen] hielt kurz vor seinem Tod [17. 4. 1539] wichtige Beratungen ab [⇨ zu 2134].

[7] J. ist also nicht isoliert, und die wenigen starren Verteidiger des Bestehenden waren nie sein Vorbild.

[8] J. bekennt sich zur katholischen Kirche, ist bereit, an einem rechtmäßigen Konzil mitzuwirken, und seinen militärischen Beitrag zur Verteidigung der christlichen Gesellschaft [gegen die Türken, ⇨ 1268] auch weiterhin zu leisten [⇨ 2966].

[9] S. kann mit seinem Schwiegersohn wie bisher zufrieden sein.

[10] Auf das Konzil kann nicht länger gewartet werden, nachdem Kaiser Karl bei den Päpsten Clemens und Paul III. sich so lange darum bemühte.

[11] Zur Bereinigung eines Mißverständnisses wird S. der Wertschätzung J.s versichert.

[12] J.s Frau [Hedwig von Polen, ⇨ 1592], mit der er wie bisher eine christliche Ehe führen will, steht es frei, von ihr geliebte Riten beizubehalten.

[13] Auch J.s Verhältnis zu seinem [Schwieger]vater S. soll ungetrübt bleiben.

Fundort:
CR 3, 789-794 Nr. 1863. ‒ MBW.T 8.
Datierung:
Datum: Am 26. schreibt M., er sei ‚dieser Tage‛ in der Mark gewesen, was der Empfänger Veit Dietrich schon durch Krafft Müller erfahren habe (2294.6). Also lag die Einladung vor, als dieser mit Briefen vom 14. Wittenberg verließ (⇨ 2290). Da M. am 23. wieder aus Wittenberg signiert (2292f), ist er vorher aus Berlin zurückgekehrt. Der in 2314.2 mit ‚eo die‛ bezeichnete Tag der Abwesenheit M.s ist also gegen WAB 8, 582 Anm. 15 nicht auf den Todestag der Frau Anna Münsterer (25. Oktober) zu beziehen, sondern auf den Tag, an dem Luther die Kinder aus dem verseuchten Haus holte, was offenbar nicht erst beim Tod der Eltern geschah, denn Todesfälle gab es schon vor dem 23. (⇨ 2292). Keinesfalls hat M. das Gutachten 2293 nachträglich unterzeichnet, denn er ist der Hauptverfasser, der als ‚ich‛ spricht (2293.3.2).

Normdaten
Personen:

Clemens VII., Papst: http://d-nb.info/gnd/118723510

Dietrich, Veit: http://d-nb.info/gnd/118671928

Georg von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118716921

Hedwig von Polen: http://d-nb.info/gnd/132969947

Heinrich von Braunschweig-Wolfenbüttel: http://d-nb.info/gnd/119024918

Joachim II. von Brandenburg: http://d-nb.info/gnd/118557556

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Müller, Krafft: http://d-nb.info/gnd/120988534

Paul III., Papst: http://d-nb.info/gnd/118592068

Sigismund I. von Polen: http://d-nb.info/gnd/118797158