Melanchthons
Briefwechsel

2050

MBW 2051

2051a

M. an Joachim Camerarius, Rektor der Universität Tübingen. - [Wittenberg], 10. Juni 1538

[1] M. dankt für mehrere Briefe. Er hofft, daß des C. Gesundheit sich weiter festigt, und freut sich der gemeinsamen Freundschaft.

[2] M. hat C.s Tusculanenkommentar [⇨ 2018.3] an Julius [Pflug] geschickt mit einem eigenen Brief, auf den dessen Antwort [2048] nicht in vollem Maße einging. M. schickt sie mit dem versiegelten Brief an C. [⇨ 2048.3], von dem M. eine Abschrift erbittet. Nach seiner eigenen Meinung im Streit [um die Problematik des Ciceronianus des Erasmus, ⇨ 693.2] befragt, vertritt M. die Notwendigkeit der Nachahmung in jeder Kunst, ohne die von [Pietro] Bembos Gegner [Gianfrancesco Pico della Mirandola] vertretene natürliche Begabung zur Originalität zu leugnen. Er bemerkt bei C. eine Stilentwicklung unter dem Einfluß Ciceros, bemängelt seinen eigenen Stil und vergleicht des C. Stilentwicklung mit der [Albrecht] Dürers.

[3] M. billigt den Katechismus des C. [⇨ 2018.3]. Seinen eigenen wird er, wenn C. will, vollenden [Catechesis puerilis: CR 23, 103-192; Suppl. 5/1, 89-336 mit LVII-XCIII und CXXXIII-CXL].

[4] Die Frage [nach der Möglichkeit von Promotionen ohne Mitwirkung des altgläubigen Kanzlers: 2039] beantworten [Gregor] Brück und Luther [Volz l. c. 75-78; erscheint auch in WA 60]. Ebenso urteilen einige andere Juristen [bes. Melchior Kling]. Vor die [juristische] Fakultät hat M. diese Frage aber nicht gebracht, da er sie als konservativ kennt; im übrigen ist er auf ein gutes Verhältnis zu den Juristen bedacht und setzt sich nur über sie hinweg, wenn es nötig ist.

[5] Anbei ein verspätetes Weihnachtsgeschenk für C.s Frau sowie Horoskope, u. a. das des Kg. [Christian III.] von Dänemark.

[6] M. gratuliert C. zum [Rektorat]; er selbst ist ebenfalls [Rektor], welches Amt ihm mehr Arbeit bringt als dem C.

[7] Nachrichten anbei [§ 9]. Wegen des Plautus schrieb M. an einen englischen Bischof [NN] und an Franz [Burchard], der mit C.s altem Freund [Georg] von Boyneburg zu Religionsverhandlungen mit Kg. [Heinrich VIII.] nach England entsandt worden ist [⇨ 2029f].

[8] Das Gutachten über die Verleihung der akademischen Grade [→§ 4] soll C. der Universität aushändigen; M. schrieb einen Brief dazu mit Spitze gegen [konservative Juristen]. [⇨ 9.1] Das Konzil wurde in Vicenza von den Kardinälen [Lorenzo] Campeggio, [Jacopo] Sadoleto und [Hieronymus] Aleander feierlich eröffnet.

[9.2] Der Kaiser landete in Italien. Er, Papst [Paul III.] und [Kg. Franz I.] von Frankreich sollen sich in Nizza treffen. M. urteilt skeptisch hierüber.

[9.3] Die Türken in Dalmatien und Ungarn. Kg. Ferdinand erhält Hilfstruppen von [Kf. Joachim II. von Brandenburg] u. a., hoffentlich auch von [Lgf. Philipp von Hessen]. [⇨ 9.4] [Hzn. Renata] von Ferrara kommunizierte am Gründonnerstag unter beiderlei Gestalt.