M. an die Universität [Tübingen].
- [Wittenberg, 10. Juni 1538]
[1] Die Universitäten [Wittenberg und Tübingen] müssen zusammenarbeiten, und M. wird seine Hilfe niemals versagen, denn nichts ist der Menschheit heilsamer als die Eintracht der Gelehrten.
[2] Deshalb gab M. den Brief T.s den hervorragendsten theologischen und juristischen [Wittenberger] Professoren [Martin Luther, Gregor Brück, Melchior Kling] mit der Bitte um Beratung der Frage, die für T. sehr wichtig ist [sc. die Gültigkeit von Promotionen ohne Mitwirkung des Kanzlers, ⇨ 2039; ⇨ 2051.3]. Das Ergebnis liegt auf vielen Seiten bei [H. Volz, Luthers und M.s Beteiligung an der Tübinger Universitätsreform im Jahre 1538: Theologen und Theologie an der Universität Tübingen, hrsg. v. M. Brecht (1977), 75-80; WAB 18, 178-188 Nr. 4356]. Es wurde auch aus Dankbarkeit gegenüber der Universität [Tübingen] erstellt, aus der sich die [Wittenberger] herleitet.
[3] Die allgemeine Zwietracht entstand nicht durch die Kirchenreformation, sondern durch die Tyrannei der Gegner. Deren Gesetze muß man nicht streng beachten. Doch wird man die alten Bräuche soweit möglich beibehalten. In diesem Sinne votieren die [Wittenberger] Gutachter.
Fundort:
A. Scheler: Serapeum 28 (1867), 118 Nr. 22 mit S. 59 Nr. 4g [H 2111].
‒ MBW.T 8.
Datierung:
Adressat und Datum: Das abschriftlich überlieferte Schreiben ist in dem Rhediger-Codex, woraus die Edition im Serapeum stammt, und von ihm abgeleitet in der Monau-Abschrift Paris BSG, Ms. 1458, f. 423r-424r, an die Universität Leipzig gerichtet. In die Geschichte der Beziehungen der Universitäten Wittenberg und Leipzig kann es nicht eingeordnet werden, weder nach Einführung der Reformation 1539 und schon gar nicht davor. Auch kann Wittenberg nicht als „colonia“ von Leipzig bezeichnet werden, wohl aber von Tübingen, denn die Satzung der Tübinger Artistenfakultät wurde von der Wittenberger bei der Gründung nahezu wörtlich übernommen (UUW 1, 7 Nr. 9). Nach Einführung der Reformation in Württemberg versagte der Universitätskanzler Ambrosius Widmann seine Mitarbeit. Am 16. Mai 1538 richtete die Universität an M. die Anfrage, ob entgegen der vom Papst genehmigten Statuten Promotionen auch ohne den Kanzler vorgenommen werden können (2039). Am 10. Juni 1538 antwortete M. dem amtierenden Rektor Joachim Camerarius in einem Privatschreiben (2051). 2051a ist die offizielle Antwort. Von den beigelegten Gutachten sind die von Luther, Brück und Kling 1977 von Hans Volz (wie oben), der auch den Sachverhalt dargestellt hat, ediert worden.