M. an Joachim Camerarius in Tübingen. - [Schmalkalden, 1. März 1537]

[1] M. kam mit schlimmen Erwartungen nach [Schmalkalden], wo die Fürsten über das Konzil, die [Theologen] über die Lehre beraten sollten. Luther, Bugenhagen, Spalatin, Osiander, Veit [Dietrich], Urbanus Rhegius und Amsdorf, sonst nur Pack, sind gekommen, von den angeblichen Lehrabweichlern nur [Ambrosius] Blarer und Bucer.

[2] Die Theologen sollten sowohl eine gemeinsame Lehrform erarbeiten als auch feststellen, was bis zum äußersten zu verteidigen ist und was um des Friedens willen dem Papst zugestanden werden kann.

[3] Beides scheiterte.

[4] Statt dessen verfaßte M. den [Tractatus] über die Gewalt des Papstes und der Bischöfe [⇨ 1851.1], und die Übereinstimmung mit der CA wurde festgestellt [1852]. Die Fürsten billigten die [Wittenberger?] Konkordie [1744]. In der Abendmahlslehre genügte Bucer sogar den strengen [Lutheranern], Blarer blieb allgemein und wurde von Osiander angegriffen, was M. abbrach. Über den Minimalkonsens hinaus konnte wegen Luthers Krankheit von den Theologen nichts erreicht werden.

[5] Die Fürsten berieten, ob das Konzil abzulehnen oder unter Vorbehalt zu beschicken sei. M.s Eintreten für letzteres [⇨ 1847] wurde von den Hofräten für unrealistisch erklärt. M. bedauert, daß durch den Sieg der härteren Richtung die Spaltung der Kirche verewigt wird mit allen Folgen, woran einige Theologen sogar Gefallen finden. Dem Gesandten [Matthias Held] wurde also [am 28. 2.] geantwortet, der Kaiser möge statt des in Mantua ein freies Konzil veranlassen [Walch2 16, 2014-2023 Nr. 1236; CT 4, 81-87 Nr. 53].

[6] Da Veit [Dietrich] doch früher als erwartet abreist, wird M. die weiteren Ereignisse später berichten. Über Luthers Krankheit und [Georg] Sturtz' ärztliche Hilfe.

Fundort:
CR 3, 291-294 Nr. 1534 mit 3, 1288; Volz, Urkunden (1957), 132-135 (gekürzt); Cod. II, 72-75. ‒ MBW.T 7.
Datierung:
Datum von Cam. richtig ergänzt. In 1859 nimmt M. zweimal auf 1858 Bezug, und zwar mit ‚dabo‛ (§ 3) und ‚dedi‛ (§ 4). Diese Schwierigkeit wurde von Cam. durch Veränderung des ‚dabo‛ in ‚dedi‛ behoben, womit 1858 eindeutig vor 1859 einzureihen war. Volz l. c. 130-132 Anm. 2, 4 und 8 dagegen setzt 1858 kurze Zeit nach 1859 an, weil 1859 auf 1838 Bezug nimmt, der noch einmal von Dietrich überbracht worden sei, 1858 jedoch später von einem Unbekannten. Nach Ausweis der Überlieferung ist 1838 aber nicht bei den übrigen Briefen an C. und also wirklich nicht angekommen. Der Hinweis 1859.4 auf den durch Dietrich überbrachten Brief setzt darin aktuelle Mitteilungen voraus, was auf 1838 nicht zutrifft, wohl aber auf 1858. Der Sachverhalt dürfte folgender sein: M. hatte vor dem 1. März begonnen, einen ausführlichen Bericht für C. zu verfassen (1858 § § 1-5), den Dietrich mitnehmen sollte. Am 28. Februar kam Luscus und brachte 1838 zurück; M. gab ihm nun 1859. Während des Schreibens stellte sich heraus, daß auch Dietrich abreisen würde (in 1860 ist er schon weg), und so mußte M. rasch und summarisch 1858 zu Ende bringen (§ 6).

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