Simon Grynaeus an M. [in Wittenberg]. - Frankfurt/[Main], 1. März [1534]

[1] G. rät M. [auf dessen Anfrage], nach England zu gehen, jedoch nur auf königliche Einladung. Denn der fällige Übertritt Englands zur [Reformation], den der einstige Streit [des Kg. Heinrich VIII. von England] mit Luther [1522 und 1527: WA 10/2, 175ff; 23, 17ff] und die durch Uneinigkeit bedingte Unzuverlässigkeit der deutschen Protestanten als Bundesgenossen gegen Papst [Clemens] und Kaiser hemmen, könnte durch eine Persönlichkeit wie M. herbeigeführt werden; diesen Eindruck gewann G. bei seinem Besuch [1531]. Wie ihm ein englischer Buchhändler [NN] erzählte, gilt dort der Papst überhaupt nichts mehr. Der Kg. muß von seiner Heirat [mit Anna Boleyn] durch eine Tat ablenken. G. hat Post von [Eb. Thomas Cranmer] von Canterbury. Er rät M., an Kg. [Heinrich VIII.] zu schreiben [⇨ 1552], was auch [Kf. Johann Friedrich von Sachsen] tun soll.

[2] G. begrüßt es, daß M. für seine Heimat [Universität Heidelberg] gewonnen werden und damit von den politischen Geschäften ganz zu der Wissenschaft als seiner eigentlichen Bestimmung zurückgeführt werden soll. Er will in aller Vorsicht Erasmus [von Rotterdam] einschalten; doch dürfen Luther und die Sache des Evangeliums nicht hintergangen werden.

[3] G. beklagt die Zerrissenheit der Kirche.

[4] Johannes Walder, der Schwiegersohn des [Basler] Bürgermeisters [Jakob Meyer], schenkt M. die [von ihm gedruckte, von Johannes Oporinus besorgte] Platonausgabe [Basel 1534]. Er möchte eine Gesamtausgabe von M.s Schriften veranstalten. G. wollte schon lange M. durch eine Widmungsvorrede ehren [⇨ 587].

Fundort:
Eigenhändig: ehemals Landeshut, Ms. II, f. 401f; Abschrift: Paris BSG, Ms. 1458, f. 63r-64v. ‒ MBW.T 6 (erstmals publiziert).
Datierung:
Jahr aus § 1 (vgl. 1417) und § 4; 1535 wegen MBW 1509 und 1545 unmöglich.
Nachtrag:
Regest § 1 zu ergänzen: Ein englischer Buchhändler [NN] erzählte ihm, daß [Thomas] Morus verboten wurde, über die Religion zu schreiben, und daß der Papst dort überhaupt nichts mehr gelte. § 2 zu berichtigen: Die Angelegenheit mit Erasmus will G. so regeln, daß Luther ...

Normdaten
Personen:

Boleyn, Anna: http://d-nb.info/gnd/118649442

Clemens VII., Papst: http://d-nb.info/gnd/118723510

Cranmer, Thomas: http://d-nb.info/gnd/118670468

Erasmus von Rotterdam: http://d-nb.info/gnd/118530666

Grynaeus, Simon: http://d-nb.info/gnd/11690240X

Heinrich VIII. von England: http://d-nb.info/gnd/118548204

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Meyer, Jakob: http://d-nb.info/gnd/138371970

Oporinus, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118736396

Platon: http://d-nb.info/gnd/118594893

Walder, Johannes: http://d-nb.info/gnd/103750660X