M. an Caspar Müller [auf Reisen]. - [Augsburg, 21. Mai 1530]
M. fügt seinem gestrigen Schreiben dieses hinzu, denn der Bote [NN] blieb länger als erwartet. Der Kaiser ist noch nicht da. Hz. Georg [von Sachsen] und die Hzz. [Wilhelm und Ludwig] von Bayern waren bei ihm [in Innsbruck]. Jetzt sind sie wieder in Bayern. Wegen der Kürze konnte wohl kein Beschluß in der Sache der [Evangelischen] zustande kommen. M. berichtet über die beiden Parteien unter den kaiserlichen Räten. Die einen sind für die Durchführung des Wormser Edikts, die anderen für Reformen und Zugeständnisse des Kaisers. Zu letzteren gehört der maßvolle, kranke Mercurino [Gattinara], denn Gewalt habe schon in Worms nichts genützt. Seine Haltung erregt Bewunderung. Der Kaiser hat wohl vor, länger in Deutschland zu bleiben.
Fundort:
Abschrift: Wolfenbüttel HAB, Cod. Guelf. 42 Helmst, f. 66v.
‒ MBW.T 4 (erstmals publiziert).
Datierung:
Datum: Die Äußerungen über die beiden Parteien unter den kaiserlichen Räten und über Gattinara begegnen in MBW am 21. und 22. 5. 1530 (912f; 915f). Über die Hzz. von Sachsen und von Bayern wird in 913a gesagt, sie seien beim Kaiser gewesen und nach Bayern zurückgekehrt. In 915 heißt es, sie seien nicht vorgelassen worden. Wegen dieser sich zumindest nicht widersprechenden Nachrichten über den Kaiser würde man für 913a eher den 22. Mai annehmen. Doch an diesem Tag hätte der Bote, der den Brief an Müller, den Kanzler des Gf. Albrecht von Mansfeld, beförderte und der höchstwahrscheinlich über Coburg nach Mansfeld ging, den Brief 915 an Luther mitgenommen. M. hat aber für 915 einen eigenen Boten gemietet. Der Bote für 913a, der mindestens zwei Tage gewartet hatte, war wohl schon abgereist. Also ist 913a am 21. Mai geschrieben. — Müller war nachweislich am Ende des Reichstags in Augsburg (⇨ 1064.1), zuvor anscheinend längere Zeit abwesend. Vor dem 30. 6. war er in Coburg (→WAB 5, 416).
