M.: Gutachten [für Kf. August von Sachsen]. Dt. - [Wittenberg, 5./6. Dezember 1555]

[1] Zu der Frage, ob die evangelischen Fürsten vor dem Regensburger Reichstag zusammenkommen und dabei ihre Theologen über strittige Probleme beraten lassen sollen, nimmt M. folgendermaßen Stellung:

[1.1] Eine Spaltung würde die Beratungen des Reichstags über weltliche Themen, insbesondere den Türkenkrieg, behindern. Wegen Schwenckfeld, dessen neues Buch M. noch nicht gesehen hat [⇨ 7666.2], und wegen Osiander ist Streit zu erwarten,

[1.2] ebenso wegen der Abendmahlslehre

[1.3] und wegen der stoischen Notwendigkeit, worüber [Andreas Musculus] sich vor zwei Monaten in einem Buch äußerte.

[1.4] Adiaphorische Zeremonien soll man unverändert lassen.

[1.5] M. befürchtet, daß einige Fürsten nicht teilnehmen werden. Unerläßlich ist die Einladung des Kg. [Christian III.] von Dänemark.

[1.6] M. rät deshalb von einer solchen Synode ab, zumal das persönliche Zusammentreffen der Fürsten gefährlich ist.

[2] Damit die Verhandlungen mit den Bischöfen in Regensburg einmütig geführt werden können, rät M. wie früher schon dem Fürsten Wolfgang von Anhalt, daß während des Reichstags die Theologen sich über die CA verständigen und dann vier oder sechs Personen zu den Verhandlungen mit der Gegenpartei delegieren sollen.

Fundort:
CR 8, 622-624 Nr. 5884; die Abschrift Detmold LB, Mscr. 19. 2o, f. 73r-75r, bietet insgesamt einen besseren Text und hat vor CR 8, 623 Absatz 2 v. u. folgenden Zusatz: „Von den mittlen Ceremonien ist das bequemest, das mhan keine kirchen unrhuwig mache, sondern lasse sie bleiben, wie sie sind.“ ‒ MBW.T 25.
Datierung:
Datum: Vor dem Regensburger Reichstag vom März 1556 laut Überlieferung. Am 18. Januar 1556 entschuldigt sich M. bei Ulrich Mordeisen dafür, daß er das Gutachten über die Synode — offenbar 7659 — erst nach der Rückkehr des Laurentius Lindemann abschickte (7690). Am 28. wartet M. auf dessen Rückkehr (⇨ 7673), die vor dem 3. Januar erfolgte (⇨ 7680.1). Nun hatte aber M. am 12. Dezember schon eine kurze Anwort auf die Synodenfrage gegeben, zumindest niedergeschrieben, aber anscheinend nicht abgeschickt, denn er forderte Camerarius ebenfalls zum Nachdenken auf (7663.2). Da er am 7. Dezember nach Erledigung von Hofgeschäften verreisen konnte (⇨ 7660), dürfte 7659 vorher entstanden sein. M. hätte es dann noch drei bis vier Wochen zurückgehalten und vermutlich auch verändert.

Normdaten
Personen:

August von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/119458446

Camerarius, Joachim: http://d-nb.info/gnd/118518569

Christian III. von Dänemark: http://d-nb.info/gnd/119217120

Lindemann, Laurentius: http://d-nb.info/gnd/130336874

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Mordeisen, Ulrich: http://d-nb.info/gnd/119767058

Musculus, Andreas: http://d-nb.info/gnd/118785478

Osiander, Andreas: http://d-nb.info/gnd/118590375

Schwenckfeld, Caspar von: http://d-nb.info/gnd/118612190

Wolfgang von Anhalt: http://d-nb.info/gnd/120849461