M. an Johannes Agricola [in Eisleben]. - Jena, [Ende Oktober 1527]

598

[1] M. ist bereit, auf die schweren Vorwürfe A.s gegen seine [lateinischen Visitationsartikel, ⇨ 598], die freilich nicht für den Druck bestimmt waren, einzugehen.

[2] Er hat niemals die evangelische Freiheit und die Reinheit der Lehre beeinträchtigt. Die von Gott bewirkte Gewissensangst als notwendige Erfahrung bei der Buße dürfte auch von A. nicht bestritten werden.

[3] Die Liebe zur Gerechtigkeit als ihr Ursprung wird von M. nicht bestritten, wurde aber nicht erwähnt, um Mißverständnisse zu vermeiden,

[4] weshalb er auch den an sich richtigen traditionellen Ausdruck Sohnesfurcht vermied.

[5] In der Auslegung der Paulus-Stelle [Gal 3, 19] über die Funktion des Gesetzes hielt sich M. gegen Luther an die Kirchenväter.

[6] M. ist nicht unbelehrbar. Doch soll man sich dem Verständnis der Hörer anpassen.

718
Fundort:
CR 1, 904-906 Nr. 478 mit 3, 1283; Suppl. 6/1, 399 Nr. 604; MSA 7/2, 35-38 Nr. 121. ‒ MBW.T 3.
Datierung:
Datum: Vor 618, doch nicht allzulange, denn laut 634.2 wurde A.s Kritik weit verbreitet, bevor er sich an M. wandte. Die Annahme von Suppl., der in 618 erwähnte Brief sei verloren und 615 die Antwort auf A.s Antwort darauf, ist abwegig. Aus § 1 ist ersichtlich, daß M. hier zum erstenmal auf A.s Kritik eingeht, und 618.3 nimmt eindeutig auf § 3 f Bezug.

Normdaten
Personen:

Agricola, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118501070

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485