M. an Erasmus Ebner in Nürnberg. - [Wittenberg], 7. Juli [1550]

[1] M. versichert E. seiner trotz zeitbedingt spärlichem Briefwechsel unveränderten Liebe.

[2] Fürsprache für den in Nürnberg bekannten Leipziger Mathematikprofessor [Georg] Joachim Rheticus, der den in der Bibliothek des [Johannes] Regiomontanus vorhandenen griechischen [Handschriften]band des Apollonios [von Perge] über die Kegelschnitte veröffentlichen will und dafür E.s Fürsprache beim Nürnberger Rat erbittet. M., der in seiner Jugend keine guten Mathematiklehrer fand, fördert dieses Fach. Die vorhandene lateinische Übersetzung ist wie meistens unzulänglich.

[3] Segenswunsch.

Fundort:
CR 4, 839 Nr. 2514. ‒ MBW.T 20.
Datierung:
Jahr: Von CR im Anschluß an Strobel ohne Begründung nach 1542 gestellt (anscheinend wegen 2953, 3012f und 3015), was übernommen wurde von K. H. Burmeister, Georg Joachim Rhetikus 1 (1967), 78; 2 (1968), 46 Nr. 12. Rheticus war im Mai 1542 nach Nürnberg gekommen und im Juni nach Feldkirch weitergereist (Burmeister l. c. 1, 77ff). In der Tat wird er in 5847 als ‚hospes vester‛ bezeichnet, doch M. fährt fort: „qui Lipsiae Mathemata docet“. Dies tat er aber erst ab Oktober 1542, zunächst bis Juni 1545 und dann noch einmal von September 1548 bis Wintersemester 1550/51 (Burmeister l. c. 1, 82-85, 92f, 100f). Von diesen Jahren scheidet 1543 aus, weil M. in Bonn war (⇨ 3271ff). 1545 ist ganz unwahrscheinlich, weil Rheticus zu Beginn einer längeren Italienreise in Nürnberg war und im Juli in Feldkirch erscheint (l. c. 89f); selbst wenn seine Beziehungen zu den zuständigen Ratsherren nicht so gut gewesen sein sollten, daß er es für angebracht hielt, trotz persönlicher Anwesenheit den entfernten M. bei dessen ehemaligem Lieblingsschüler (⇨ 265.2 u. ö.) als Fürsprecher zu mobilisieren, so ist doch die Bitte um die Editionsvorlage sinnlos, wenn der Editor im Begriffe steht, für 1½ Jahre ins Ausland zu reisen. Für die Jahre 1544 und 1549 gibt es keine Indizien; sie sind weniger wahrscheinlich, da einiges für 1550 spricht: Rheticus war zur Hochzeit Caspar Peucers mit Magdalena Melanchthon am 2. Juni eingeladen worden (⇨ 5803.1) und ist dieser Einladung wahrscheinlich gefolgt (Burmeister 1, 103). Damit gewinnt M.s Ausdruck ‚narrat‛ (§ 2) seine präzise Bedeutung. Ab 3. März 1550 las M. über die Argonautika des Apollonios Rhodios (→CR 7, 553f Nr. 4680; MBW 5853.1). Es ist naheliegend, daß man sich über die verschiedenen Träger dieses Namens unterhielt und dabei dem Rheticus die Nürnberger Handschrift seines Fachgenossen Apollonios von Perge wieder ins Gedächtnis kam, worauf der Plan einer Edition gefaßt wurde. Damit ist verständlich, daß Rheticus nicht selbst seine inzwischen wohl etwas erkalteten Beziehungen nach Nürnberg spielen ließ und daß M. ihn als alten Gastfreund dort neu einführte. 1544 wäre dies wohl nicht nötig gewesen. 1550 liegt auch näher an 1558, (6. Januar), wo diese Bitte von Rheticus selbst an Hieronymus Baumgartner herangetragen wurde (Burmeister 1, 78; 2, 36 Nr. 14; 3, 153-156 Nr. 35).

Normdaten
Personen:

Apollonios Rhodios: http://d-nb.info/gnd/118503677

Apollonios von Perge: http://d-nb.info/gnd/11864548X

Baumgartner, Hieronymus: http://d-nb.info/gnd/116067128

Ebner, Erasmus: http://d-nb.info/gnd/116332964

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Melanchthon, Magdalena: http://d-nb.info/gnd/120211807

Peucer, Caspar: http://d-nb.info/gnd/118790676

Regiomontanus, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118641913

Rheticus, Georg Joachim: http://d-nb.info/gnd/119499215