Johannes Bugenhagen, Caspar Cruciger, M. und Paul Eber: Gutachten für [Johannes] Mathesius [in Joachimsthal]. - [Wittenberg, 10. November 1547]

Über eine Ehesache in Tabor.

[1] Ein junger böhmischer Adliger [NN] heiratete eine junge Witwe, die ihn mehrfach und schließlich vor zwölf Jahren endgültig verließ, ihn durch Verleumdung ins Gefängnis brachte und ihm durch Gift und Zauber nach dem Leben trachtete.

[2] Der Pfarrer am Wohnsitz des Mannes soll die Frau durch Anschlag an der Kirche vorladen. Wenn ihr Ehebruch nachgewiesen wird, ist der Mann frei.

[3] Wenn sie keine Ehebrecherin ist und ihrem Mann weder Ehebruch noch Grobheit vorwerfen kann, soll sie zu ihm zurückkehren, andernfalls ist der Mann frei.

[4] Wenn die Frau nicht erscheint, soll der Pfarrer dennoch das Urteil fällen. Der Mann kann auch die Nachstellungen geltend machen. Die Vermögenssache gehört aber vor die weltlichen Behörden.

[5] Der Pfarrer wird sich scheuen, einen solchen Prozeß durchzuführen. Math. soll ihn beraten. Am besten sollten drei benachbarte Pfarrer tätig werden. Da die Bischöfe die Kirchengerichte nicht richtig ausüben, müssen die Pfarrer den Gewissen helfen.

Fundort:
CR 6, 724f Nr. 4068. ‒ MBW.T 17.
Datierung:
Datum: Der Tag ist durch 4955 gegeben, das Jahr dadurch, daß Luther (gest. 18. 2. 1546) nicht mehr, Cruciger (gest. 16. 11. 1548) aber noch unterzeichnete. 1546 scheidet wegen der Kriegswirren aus (⇨ 4441f). 1548 ist wenig wahrscheinlich, weil in 4955.2 keine Andeutung auf das Interim zu finden ist und Cruciger damals sterbenskrank war (⇨ 5345).

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