[M.]: Gutachten [für die Universität Frankfurt/Oder].
- [Wittenberg, ca. 16. Oktober 1547]
Agenda für die Promotion des Laurentius Lindemann zum Dr. iur.
[1] Anrede an den Kanzler oder Vizekanzler, wenn ein Bischof dieses Amt innehat: [Hieronymus Schurff] stellt seinen [Wittenberger] Schüler Laurentius Lindemann vor, erinnert sich auch an dessen Vater Dr. med. [Caspar] Lindemann, und bittet um die ‚Licentia‛ zur Promotion.
[2] Antwort des Hieronymus [Schurff], sofern er als Vizekanzler fungiert und ein anderer [Professor] ihm den Promovenden zugeführt hat: Erteilung der ‚Licentia‛.
[3] Promotionszeremoniell.
[3.1] Lehrstuhl.
[3.2] Bücher.
[3.3] Hut.
[3.4] Ring.
[3.5] Kuß.
[4] Dankgebet und Rede »De legum dignitate«.
Fundort:
Abschrift: München SB, clm 938, f. 297v-302v mit f. 186r-196r (= § 4).
‒ MBW.T 17 (erstmals vollständig publiziert).
Datierung:
Verfasser, Adressat und Datum: Kontext der Überlieferung, Gedankenwelt und Stil weisen mit großer Wahrscheinlichkeit auf M. als Vf.; von wem anders hätte sich der bedeutende Wittenberger Jurist Schurff eine solche Promotionsagende mit Festrede entwerfen lassen sollen, und daß Schurff der Promotor ist, geht aus der Schilderung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses und der Freundschaft mit dem Vater Lindemann eindeutig hervor. Für Wittenberg ist diese Agende aber nicht bestimmt, denn M. kennt die Rechtsverhältnisse der Universität, an der die Promotion vollzogen werden soll, nicht genau und muß deshalb zwei alternative Möglichkeiten berücksichtigen (§§ 1 und 2). Also ist die Universität Frankfurt der Adressat, wo Schurff nach dem Schmalkaldischen Krieg eine Professur übernahm; im Wintersemester 1547/48, das am 16. Oktober begann, erscheint er dort in der Matrikel, und am 22. Oktober 1547 schrieb ihm die Universität Wittenberg einen Abschiedsbrief (bei ⇨ 4989). Auch sein Schüler Lindemann wurde in diesem Semester in Frankfurt eingeschrieben, und zwar als Magister (ed. Friedlaender S. 102 Nr. 37); die Randbemerkung, die ihn als Dr. iur. und Wittenberger Professor ausweist, was er erst 1549 wurde, ist sekundär. Im gleichen Semester wurde er aber in Greifswald Nachfolger des Rechtsprofessors Johannes von Usedom, der nach dem 27. Oktober 1547 in den Hofdienst überwechselte (Greifswalder Matrikel, ed. Friedlaender, S. 222); immatrikuliert war er hier schon seit Sommer 1547 (ebd. S. 217); die ihm in der Matrikel beigelegten Titel eines Dr. iur., Professors und fürstlichen Rats sind seinem späteren Status entsprechend bei der Reinschrift der Matrikel hinzugefügt worden, denn Doktor war er nach Ausweis der Frankfurter Matrikel im Sommer 1547 noch nicht, und Ordinarius wurde er nach der Angabe in derselben Greifswalder Matrikel ebenfalls erst im Wintersemester 1547/48. Dieses Semester kann also trotz der widersprüchlichen Matrikeleinträge als das Semester seiner Frankfurter Promotion gelten. Immatrikuliert wurde er hier nur zum Zwecke der Promotion, die er zur Übernahme des Greifswalder Ordinariats benötigte. Für die genauere Datierung gibt es in MBW zwei Hinweise. Einige Tage vor dem 12. Dezember 1547 mußte sich M. einem Wittenberger Juristen widmen, der nach Frankfurt ging (⇨ 4989.4). Es dürfte sich um Schurff handeln. Wenn aber 4924 damals entstanden wäre, so hätte Schurff selbst die Unklarheiten der §§ 1 und 2 beheben können. Daß M. über die an der Promotion beteiligten Amtspersonen keine sichere Kenntnis hatte, macht die Anwesenheit Schurffs bei der Abfassung unmöglich. Es ist überdies wahrscheinlich, daß Lindemann nicht erst im Dezember, sondern sobald sein Lehrer wieder an einer funktionsfähigen Universität war, promoviert sein wollte, um danach den Lehrstuhl in Greifswald zu übernehmen. Im Dezember hätte er auch in Wittenberg, wo er studiert hatte, promoviert werden können. 4924 dürfte also zu Beginn des Wintersemesters, als der Studienbetrieb in Wittenberg noch nicht begonnen hatte, in Auftrag gegeben worden sein. Am 16. Oktober, demselben Tag, an dem die Wiedereröffnung der Universität Wittenberg bekanntgegeben wurde (bei ⇨ 4922), schrieb M. nach Frankfurt/Oder, Georg Sabinus bringe eine Wagenladung von Schriftstücken mit (4923). Sehr wahrscheinlich war auch 4924 dabei. Abgereist ist Sabinus nicht vor dem 18. (⇨ 4926).
Nachtrag:
Fundorte: § 2 und 3 abschriftlich auch in Jena UB, Ms. Bos q 24a, 3. Zlg. f. 41r-v. - Vgl. auch CR 10, 956-959 Nr. 26 und Koehn Sp. 1291.