[Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Caspar Cruciger und M.]: Gutachten [für Kf. Johann Friedrich von Sachsen]. Dt. - [Wittenberg, Mitte Oktober 1541]

Über die Naumburger Bischofswahl.

[1] Bischöfliche Domkapitel sollen erhalten bleiben als Pfründen für den Adel zum Studium, Kirchenregiment u. dgl. Während die mächtigen Hochstifte sich der Reformation versagen, kann sie in dem kleinen Stift Naumburg-Zeitz vom Kf. durchgesetzt werden. Diese könnte eher ein Vorbild für die Nachbarn [Merseburg und Meißen] sein als die Aufhebung. Das vorhandene Stiftsvermögen soll für die Kirchenämter verwendet werden: Konsistorien als Ehegerichte, Ordination nach Prüfung, Synoden zur Kirchenzucht, Visitation.

[2] Als Personalvorschlag für den Fall, daß das Domkapitel nach Julius [Pflug] (der aber mit Hilfe des Kaisers, des [Eb. Albrecht] von Mainz u. a. seine Wahl verteidigen will) noch einen Kandidaten des Kf. wählt, wird Fürst Georg von Anhalt empfohlen, der den Regensburger Kompromiß [⇨ 2728.1] ablehnte, wie Luther und M. bezeugen, und dazu auch dem [Kf. Joachim II. von Brandenburg] eine Denkschrift zusandte, und der mit seinen Brüdern [Joachim und Johann] von Anhalt in Kloster Nienburg[Saale] einen Superintendenten einsetzen und ein Konsistorium errichten will, und der auch in Wittenberg ordinieren läßt. Angesichts der Türkengefahr darf keine Unruhe entstehen. [Nikolaus von] Amsdorf wird ein Bischofsamt ablehnen.

[3] Zur Reform des Gottesdienstes ist

[3.1] ein [Stifts]prediger einzusetzen,

[3.2] die Messe u. dgl. abzuschaffen (wobei auch die jetzt u. a. im Meißnischen beliebten Messen ohne Kommunikanten zu verbieten sind).

[3.3] Die Domherren und Vikare und — falls noch vorhanden — vornehmlich die Domschule sind für den liturgischen Gesang einzusetzen.

[4] Die personelle Besetzung der Kapitel in Naumburg und Zeitz ist erst bei Todesfällen zu verändern, wobei die Zahl der Vikare auf die nötigen Ämter zu reduzieren, die Zahl der Domherren beizubehalten ist. Neuwahlen sind ohne jede päpstliche Beteiligung unter Beachtung bestimmter Qualifikationen vom Kapitel selbst unter der Aufsicht des Landesherrn als Patron vorzunehmen.

[5] Die vier Hauptaufgaben solcher Kapitel sind [wie oben § 1]. Über die Ordination.

Fundort:
CR 4, 683-689 Nr. 2397.1; WAB 12, 321-328 mit 314 Nr. 4282. ‒ MBW.T 10.
Datierung:
Datum: Vor der in 2834.2 angedeuteten, am 20. Oktober erfolgten Ablehnung der gewünschten Neuwahl durch das Domkapitel (vgl. WAB 12, 316 und 329.26-28).

Normdaten
Personen:

Albrecht von Brandenburg, Eb. von Mainz: http://d-nb.info/gnd/118647733

Amsdorf, Nikolaus von: http://d-nb.info/gnd/118645056

Bugenhagen, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118517287

Cruciger, Caspar: http://d-nb.info/gnd/118670646

Georg von Anhalt: http://d-nb.info/gnd/118716891

Joachim II. von Brandenburg: http://d-nb.info/gnd/118557556

Joachim von Anhalt: http://d-nb.info/gnd/130468827

Johann Friedrich d. Ä. von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118712373

Johann IV. von Anhalt: http://d-nb.info/gnd/104173734

Karl V., Kaiser: http://d-nb.info/gnd/118560093

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Pflug, Julius: http://d-nb.info/gnd/118714082