M.: Gutachten. - [Wittenberg, vor 6. März 1530]

[1] Das Widerstandsrecht gegen den Kaiser wird mit juristischen Argumenten behauptet,

[2] doch ohne Unterscheidung von aktivem und passivem Widerstand (welch letzterer erlaubt ist)

[3] und mit Hilfe einer natürlichen Überlegung,

[4] die zum göttlichen Recht, das Gehorsam gebietet, in Widerspruch steht.

[5] Auch das natürliche Recht schützt die Obrigkeit,

[6] und niemand darf Richter in eigener Sache sein.

[7] Das Argument, der Kaiser habe die [Wahlkapitulation] gebrochen, ist ebenfalls nicht stichhaltig.

[8] Widerstand gegen den Kaiser ist also verboten.

[9] Außerdem ist er unzweckmäßig, denn er führt zu Anarchie,

[10] und es fehlt die Bedingung des Notorischen.

[11] M. verurteilt die andere Ansicht der Zwinglianer und polemisiert gegen deren Haltung im Bauernkrieg, gegen Zwingli, gegen Bucer, der Franz [von Sickingen] verteidigte und Luther kritisierte, gegen Straßburg und [Lgf. Philipp von Hessen].

[12] M. lehnt den die Allgemeinheit gefährdenden Widerstand gegen den Kaiser ab und befürwortet das private Bekenntnis.

Fundort:
CR 2, 20-22 Nr. 666 mit 3, 1286; H. v. Schubert, Bekenntnisbildung (1910), 233-236 mit 226-229 [H 3064a]; H. Scheible, Das Widerstandsrecht als Problem der deutschen Protestanten 1523-1546 (1969), 57-60 Nr. 13. ‒ MBW.T 4.
Datierung:
Datum: Vorbereitung auf das Gutachten für Kf. Johann, das am 6. März von Luther ausgefertigt wurde (WAB 5, 249-262 Nr. 1536).

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