Bonifacius Amerbach an [M. in Wittenberg]. - [Basel, Mitte August 1558]

Die Überbringer sind junge Franzosen [Johannes Buxerius, Elias Tarsilius und Isacus vom Treguet], die nach Wittenberg ziehen, um M. zu hören, wie einstmals einige Adlige vom Ende Galliens nach Rom zu Titus Livius kamen. B., dem sie vor einigen Jahren von dem Juristen Franciscus Duarenus anvertraut worden waren, empfiehlt sie nun seinerseits an M.

Fundort:
Konzept: Basel UB, C VIa 56, p. 20; Die Amerbachkorrespondenz 10/2 (1995), 747-750 Nr. 4331.
Datierung:
Text, Kommentar und Datierung verdanken wir B. R. Jenny. Seine Datierung beruht auf folgenden Feststellungen: Das durchgestrichene Konzept steht auf einem Blatt, auf dessen oberer Hälfte sich ein erster Entwurf zum vorliegenden Brief befand. Durch Abtrennung des oberen Drittels des Blattes blieben von letzterem nur noch 6½ Zeilen samt einer ebenfalls verstümmelten Marginalie übrig. Die Rückseite des verstümmelten Blattes wurde für ein kurzes Gutachten A.s über das Erbe eines am 1. September 1558 Verstorbenen verwendet. Damit ist ein zeitlicher Anhaltspunkt gegeben, der auch die Identifizierung der Empfohlenen ermöglicht: Die drei oben Genannten wurden am 20., 21. und 23. Februar 1559 in Wittenberg immatrikuliert (Album 355ab mit Bd. 3, S. 820). Die Herkunftsbezeichnung „ex minore Britannia Galliae“ bzw. „ex Britannia Minore in Gallia“, was die Bretagne bedeutet, stimmt mit A.s Ausdruck „de ultimis Galliarum finibus“ überein. In der Basler Matrikel ist „Joannes Buxerius Metensis“ im Studienjahr 1556/57 zu finden (2, 99 Nr. 38); am 7. und 8. Oktober 1557 wurden „ Isaacus a Rupe Parisiensis“ und „ Helias de la Greae Parisiensis“ immatrikuliert (2, 105 Nr. 24 und 25; zur Deutung der Namen vgl. Jenny in der Amerbachkorrespondenz). Einen sicheren terminus ante quem für MBW 8697 bietet der Brief des Johannes Buxerius an A. vom 15. September 1558 (Amerbachkorrespondenz Nr. 4339), worin er von Frankfurt aus im Plural, also auch im Namen seiner ungenannten Begleiter, für zwei Empfehlungsschreiben A.s an M. dankt, wovon das erste durch Nikolaus Episcopius, das zweite durch seinen (gleichnamigen) Sohn überbracht worden sei. Dies geschah anläßlich der Frankfurter Messe. Eines dieser Schreiben ist zweifellos MBW 8697, und zwar ist es das erste, denn von einem zuvor abgegangenen gleichen Inhalts ist nicht die Rede. Der Basler Drucker hat sich sehr wahrscheinlich zum Beginn der Messe nach Frankfurt begeben. Damit ist das Problem der Datierung von 8697 noch nicht gelöst, denn Beginn und Ende der beiden Frankfurter Messen im Frühjahr und im Herbst sind nicht leicht festzustellen. Die Messen sind älter als die königlichen Privilegien, die ab dem 13. Jh. überliefert sind. Diese bestätigen also immer nur altes Recht und setzen vielfach die Termine als bekannt voraus. Die Auswertung der Privilegien ergibt deshalb nur ein unscharfes Bild. Aus der Bestätigung Ludwigs des Bayern von 1330 geht hervor, daß die Fastenmesse zwei Wochen dauerte; vgl. Privilegia et Pacta der Reichsstadt Frankfurt, 1728, S. 18. Nach einem Privileg Karls IV. von 1357 (Privilegia S. 161f) fiel die Herbstmesse in die Zeit zwischen Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt (15. August und 8. September). Dieselben Daten werden 1366 für die Herbstmesse genannt, für die Fastenmesse sind als Grenzen die Sonntage Oculi und Judica angegeben (Privilegia S. 173-176). Nach einem Privileg Wenzels von 1384 (Privilegia S. 205f) soll die Fastenmesse länger dauern als bisher, nämlich 14 Tage. Ebenfalls Wenzel schärft später ein, daß Meßtermine, so wie sie in den Privilegien festgelegt sind, eingehalten werden sollen. Ein früherer Beginn und ein späteres Ende werden verboten. Für die Herbstmesse ist dies wiederum die Zeit zwischen Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt (Privilegia S. 216). Hieraus läßt sich schließen, daß sich die Frankfurter zwar immer wieder dieselben Termine bestätigen ließen, aber in der Praxis davon abwichen. Ruprecht spricht in seinem Privileg von 1400 von den Messen zwischen Mariä Himmelfahrt und Mariä Geburt sowie in den Mitfasten (Privilegia S. 251f), desgleichen Sigismund 1414 (Privilegia S. 256-258). Karl V. im Jahr 1520 und Ferdinand im Jahr 1559 nennen keine Termine mehr, sondern bestätigen nur die üblichen zwei Messen (Privilegia S. 363-365 und 373-375). Das Stadtarchiv Frankfurt (Bearbeiter Dr. Roman Fischer) teilte auf Anfrage am 16. 5. 1994 mit, daß der tatsächliche Messetermin aus aktuellem Anlaß verschoben werden konnte und daß es Brauch war, die Messe später als zwischen 15. August und 8. September abzuhalten, ohne daß dies in den städtischen Akten festgehalten wurde. Wir ordnen also MBW 8697 unter „Mitte August 1558“ als dem frühest möglichen Datum ein, das dennoch ein wenig später liegen könnte. Ein Zufallsfund ist der Brief des Frankfurter Schulmeisters Johannes Cnipius Andronicus an Franz Ittig in Schleusingen, den G. E. Steitz im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst NF 1 (1860), 237f publizierte; hier spricht Cnipius am 14. August 1557 von der zukünftigen Messe (ex nundinis futuris).

Normdaten