M.: Gutachten [für Fürst Georg von Anhalt in Dessau].
- Dessau, [23.] November 1546
Ob Kaiser Karl V. in den Kirchengebeten genannt werden darf.
[1] Die Mühen des Betens.
[2] Das Gebet für sich und für andere,
[3] für Kirche und Staat.
[4] Dabei sind Sachen und Personen zu unterscheiden. Es ist für die Institution, für die frommen und für die irrenden Amtsträger zu beten, jedoch gegen die eindeutig gottlosen.
[5] Ein solches Urteil darf nicht voreilig gefällt werden.
[6] Lieber soll man Besserungsfähigkeit annehmen. So auch bei Kaiser Karl.
Fundort:
CR 6, 279-282 Nr. 3614; R. Stupperich: ARG 55 (1964), 59f [H 4102]; vgl. H. Scheible: ARG 56 (1965), 69f [H 4127].
‒ MBW.T 15.
Datierung:
Datum: Pezel bietet den 13. 11. 1546 mit dem Ort Dessau. Da M. nicht am 13., sondern am 23. in Dessau war, läßt sich das Tagesdatum (mit Christmann S. 15) leicht emendieren. Als Empfänger ist Georg von Anhalt zu vermuten, in dessen Gegenwart dieses Gutachten entstanden ist, dessen Thematik seine Amtspflichten als evangelischer Bischof von Merseburg und damit für große Teile des Hzt. Sachsen betraf, und dessen Konzept in den anhaltinischen Akten überliefert ist (gegenwärtig Dessau LHA (ehemals Oranienbaum LA), GAR 1031, p. 292-304, alte Paginierung 1-14). Nun befindet sich innerhalb dieses Konzepts l. c. p. 293 = alte p. 1 ebenfalls von M.s Hand folgender gestrichene Text: „Diser bott hatt mir Philippo Melanthon ein schrifft von den ernvesten und gestrengen denen von Lindenaw und andern iunkhern uberantwort. Dweil es denn ein lange frage ist, und ist der federn nicht gantz zu vertrawen, so habe ich besonder an disem ort daruff nicht geant“. M. hat also in Dessau von einigen Herren von Lindenau und anderen Adligen aus dem Hoheitsgebiet des Hz. Moritz von Sachsen eine Anfrage erhalten, die er nicht schriftlich beantworten wollte. Wenn er seine Absage abgebrochen und dann auf demselben Blatt dieses Gutachten konzipiert hat, so könnte die Anfrage der sächsischen Adligen das Gebet für den Kaiser betroffen haben. Da M. jedoch lateinisch schrieb, dürfte 4461 nicht eine direkte Antwort an die von Lindenau sein, sondern wurde allenfalls von deren Anfrage ausgelöst.