M. an Andreas Diebold [in Eisleben].
- Wittenberg, 14. Mai 1544
[1] Wie versprochen antwortet M. über das Beichtgeheimnis, doch in Zeitnot.
[2] M. erzählt aus Luthers Erfurter Zeit als Beichtvater die Geschichte einer doppelten Inzestehe, die von der sterbenden Mutter in der Beichte enthüllt wurde. Nach dem Spruch der theologischen Fakultät Erfurt wurde die schuldige Sterbende absolviert und die unwissenden Ehegatten wurden nicht aufgeklärt, was Luther den Studenten als Vorbild für behutsamen Umgang mit Beichtkindern erzählte,
[3] wobei M. auch eine Kritik an dem Pfarrer [Johannes Schlaginhauffen] in Köthen heraushört, der aufgrund seiner Beichtkenntnis einen Ehebrecher bei dem Stadtrat anzeigte. Das Leipziger [Oberhof]gericht entschied auf Todesstrafe, die vollzogen wurde, bevor das Gericht nach Kenntnis der Beweisquelle seinen Spruch widerrief. Nach dem kanonischen Recht, das M. zitiert, darf die Beichte nicht dem weltlichen Schwert dienen.
[4] D. soll über diese Geschichten nachdenken.
Fundort:
CR 5, 392-394 Nr. 2942; vgl. O. Waltz: ZKG 4 (1881), 297 Anm. 3 [H 2240].
‒ MBW.T 13.
Datierung:
§ 2 ist eine z. T. wörtliche, aber stark gekürzte Wiedergabe aus Luthers Vorlesung über Genesis 36, 20-30: WA 44, 222.4-223.13. Andere Fassungen: CR 20, 589f Nr. 246; G. Loesche, Analecta Lutherana et Melanthoniana (1892), 200 Nr. 308 und S. 397-400 Nr. 629 [H 2413]; WATR 1, 82 Nr. 183; 3, 501f Nr. 3665; 4, 252f Nr. 4354. Einen willkürlichen Mischtext aus Luther und M. nach J. Manlius, Locorum communium collectanea 1, 107-111 [H 300; 327] (irrtümlich für einen Luthertext gehalten) bietet J. K. Seidemann: W. M. L. de Wette, Dr. Martin Luthers Briefe 6 (1856), 359-363 Nr. 2577 [H 1884].
Nachtrag:
Andreas Diebold identisch mit Andreas Theobald (⇨ 6152 usw.). - Zu § 2 vgl. auch P. Meinhold, Die Genesisvorlesung Luthers (1936), 226-234.
