M. an Johannes Caloander in Braunschweig. - [Wittenberg], 30. Oktober 1543

M. beantwortet die drei Fragen des C. in umgekehrter Reihenfolge.

[1.1] Zum Vorwurf, die Gutachten über den Grad verbotener Verwandtenehen seien uneinheitlich, bemerkt M., es herrsche Einmütigkeit über das göttliche Recht, wonach Ehen zwischen Verwandten 1. und 2. Grades verboten sind. Vom weitergehenden menschlichen Recht kann dispensiert werden.

[1.2] Die [Wittenberger] haben keine Gesetze erlassen, deshalb können sie nicht von Hz. Moritz [von Sachsen, vgl. Sehling 1, 291] abweichen. Sie verbieten Ehen bei 1. und 2. Verwandtschaftsgrad und scheiden solche Ehen. Beim 3. Grad verbieten sie die Ehe zwar, nach der Eheschließung nehmen sie diese aber unter Verhängung einer Strafe hin. Der 4. Grad ist kein Hindernis.

[1.3] Die Ehen zwischen nahen Verwandten haben Erbstreitigkeiten zur Folge, wie M. von dem Fall eines Adligen weiß, dessen Vater eine Schwägerin 2. Grades heiratete. Dies berücksichtigt Hz. Moritz in seiner Ordnung [Sehling 1, 286-291].

[2] Grade der Schwägerschaft werden wie Verwandtschaftsgrade behandelt, weil Mann und Frau ein Fleisch werden, und wegen Lev 18. [Kf.] Joachim [II. von Brandenburg], der die Tochter [Hedwig] des Kg. [Sigismund I.] von Polen heiratete, dürfte weder deren Schwester noch die Tochter der Schwester heiraten.

[3] M. rät dem Betreffenden [NN] ab, eine Schwägerin dritten Grades zu heiraten. Eine vollzogene Ehe soll jedoch nicht geschieden werden.

[4] M. verwahrt sich gegen eine böswillige Auslegung seines Gutachtens.

Fundort:
Abschrift: Greifswald UB, Ms. 1030(1), f. 56r-58v. ‒ MBW.T 12 (erstmals publiziert).

Normdaten
Personen:

Caloander, Johannes: http://d-nb.info/gnd/1139800981

Joachim II. von Brandenburg: http://d-nb.info/gnd/118557556

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Moritz von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/118584138

Sigismund I. von Polen: http://d-nb.info/gnd/118797158