Martin Bucer an M. [in Eisenach]. - Hagenau, 22. Juli 1540

[1.1] Gott möge M. und die Kirche von dem Übel befreien, das von dem verrückten [Lgf. Philipp von Hessen] ausging. Tollheit und Lieblosigkeit haben historische Vorbilder. B. hofft, daß Kf. [Johann Friedrich von Sachsen] den [Lgf.] von der [öffentlichen Verteidigung seiner Doppelehe] zurückhält.

[1.2] Im Hinblick auf den Skandal für Freunde und Gegner riet B. dem [Lgf.: Lenz 1, 178-180 Nr. 70], das Gerücht zu unterdrücken und im Notfall, wie er auch an [Gregor] Brück schrieb [Rockwell 73], [die Zweitehe] zu leugnen, denn rechtmäßig, gesetzmäßig beigegeben und heimlich erlaubt [→Lenz 1, 193] seien dreierlei.

[1.3] Der [Lgf.] verbat sich in beleidigender Weise die Anstiftung zur Lüge [Lenz 1, 185-188 Nr. 72].

[1.4] B. führte in seiner Antwort [Lenz 1, 192-196 Nr. 74] für das Täuschungsmanöver biblische Gründe an und gab den Vorwurf der Lüge zurück. Der [Lgf.] rechtfertigte sich. B. blieb bei seinem Rat. B. bittet um eine Zusammenfassung der [Wittenberger] Antwort [2465], obwohl er sie vom [Lgf.] erwartet, da dieser ihm auch seine Instruktion [⇨ 2465] schickte.

[2] Gestern wurde die Antwort der [Evangelischen] überreicht, seltsamerweise ohne [Caspar] Cruciger heranzuziehen. Kg. [Ferdinand] war wegen deren Verzögerung ungehalten. Er wird täglich von den Bischöfen und Heinrich [Konrad] Braun aufgehetzt. Die Fürsten sind aus Furcht vor Knechtschaft infolge des Religionszwists reformbereit. Drei Dinge hindern die Reformation: das Geld des Papstes, Verleumdungen und die Entfremdung von Kirchengütern. Der Kg. setzt sich für den Aufschub der Restitution ein. Hinsichtlich der Defension [Gewalt gegen die Evangelischen] wurden dem Kg. lediglich die Zusage von Augsburg erneuert.

[3] J[ohannes] Sturm u. a. wünschen M. weitere Genesung. Empfehlung an [Justus Jonas].

Fundort:
Abschrift: Oranienbaum LA, Anhaltisches SA, GAR 1739, p. 245-248. ‒ MBW.T 9.
Nachtrag:
Regest § 3 zu berichtigen: Ja[kob] (nicht: J[ohannes]) Sturm.

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