Martin Luther, Johannes Bugenhagen, Caspar Cruciger, Justus Jonas und M.: Gutachten [für den Rat der Stadt Augsburg. Pr. 19. 6. 1536]. - Wittenberg, 23. Mai 1536

Über die Grenzen obrigkeitlicher Kirchengewalt, insbesondere gegenüber reichsfreien Stiften.

[1] Aufgabe der Prediger ist, die Reform des Gottesdienstes gewaltlos durch Unterweisung des Volkes vorzubereiten und die Obrigkeit über deren Aufgaben zu belehren.

[2] Die Obrigkeit ist — nach vorhergehender Predigt — zur Abschaffung gottloser Riten verpflichtet, doch nur im Bereich ihrer Herrschafts- und Patronatsrechte,

[3] denn sie ist Hüterin auch der ersten Tafel des Dekalogs,

[4] und andererseits sind Übergriffe in fremde Herrschaften verboten, ganz besonders wenn es ums Evangelium geht.

[5] Sowenig wie ein Fürst auf sein Nachbargebiet haben die Städte Einfluß auf die unmittelbar dem Kaiser (der Papst bleibt außer Betracht) unterstellten Kathedralkirchen.

[6] Das Gegenargument, die Gerichtsbarkeit der Städte erstrecke sich auf alle Kirchen innerhalb ihrer Mauern, beachtet nicht das Herrschafts- und Patronatsrecht des Kaisers. Die Rechte des Papstes werden vom Kaiser auch gegenüber den [evangelischen] Fürsten preisgegeben.

[7] Diese Auffassung steht in Einklang mit allen Reichsständen.

[8] Vor einer so schwierigen und gefährlichen Entscheidung sollten die [Schmalkaldischen] Bundesgenossen konsultiert werden.

[9] Die bereits erfolgten [reformatorischen] Maßnahmen sind durch den [Nürnberger] Frieden [vom 23. 7. 1532] gesichert, doch bei weiteren ist Vorsicht geboten, und die Prediger sollen sich in dieser politischen Frage zurückhalten.

[10] Widerlegung weiterer Einwände:

[10.1] Unruhe durch verschiedenen Gottesdienst.

[10.2] Sorge für die Seelen.

[10.3] Schutzrecht.

[10.4] Stiftungen.

[10.5] Strafgerichtsbarkeit.

[11] Zusammenfassung.

Fundort:
CR 3, 224-229 Nr. 1511; W. Germann, D. Johann Forster (1894), 147-150 [H 2450a]. ‒ MBW.T 7.
Datierung:
Datum in einer Straßburger Abschrift der deutschen Übersetzung, vgl. Pollet, Bucer 2, 234f Anm. 4. Vgl. auch WAB 7, 421f und 461f mit 13, 243.

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