Jean L'Enfant, Sieur de Chambray, an M. in Wittenberg. - Straßburg, 6. Mai 1559

[1] L. hat neulich durch einen Boten [NN] des [Lgf. Philipp] von Hessen an M. geschrieben und ihm die Sache der [evangelischen Bürger] von Metz anempfohlen. Der Bote ist noch nicht zurückgekehrt, obwohl die Gemeinde Briefe von Fürsten dringend nötig hat. Priester und Mönche tun alles zu ihrem Verderben. Dem Kg. [Heinrich II.] von Frankreich finanzieren sie Hilfstruppen. Trotzdem wächst die Gemeinde. Ein Kirchenraum für öffentlichen Gottesdienst war vom französischen Kg. nicht zu erlangen.

[2] Ein Gesandter der Reichsstände verhandelt mit ihm über die Restitution der Reichsstädte [Metz, Toul und Verdun: voreilige Nachricht, vgl. Ernst, Christoph-BW 4, 649 Nr. 563 und 658 Nr. 569 sowie 666-668 Nr. 578f]. Dieser Tage plante der Kg., mit 25000 Mann einige [evangelische] Städte, darunter Poitiers, Tours, Laon und Senlis, zu zerstören. Das Gerücht von einem deutschen Krieg hielt ihn ab. Doch in Metz befahl er, den deutschen Schulmeister [NN] in der Mosel zu ertränken. In Paris ließ er viele vom Pöbel umbringen und ganze Familien einkerkern, wie der Überbringer ausführlicher berichten wird.

[3] Indessen wächst die [evangelische] Kirche in Frankreich. In Spanien vermag [Kg.] Philipp das Evangelium nicht zu unterdrücken. Der ungünstige Frieden [von Cateau-Cambrésis] des Kg. von Frankreich mit Philipp und [Kgn. Elisabeth] von England wird nicht lange halten. In Flandern sind 6000 Spanier mit Gold und Silber aus [West]indien gelandet. Philipp behielt den größten Teil seines Heeres. England hat sich vom Papsttum abgewandt. Von Schottland hofft man es. Der Antichrist [Papst Paul IV.] soll krank sein. L. erhielt von Hz. Johann Wilhelm von Sachsen einen Brief des Kardinals [Charles de Guise] von Lothringen, geschrieben im Namen des Hz. [François] de Guise an Hz. Johann Wilhelm, worin er ihn durch den [Kg.] von Frankreich zur Entlassung des Predigers [NN] bewegen will. L. übergab den Brief im Auftrag des Hz. dem Kf. [Friedrich III.] von der Pfalz. Er soll vom französischen Kg. erwarten, was große vertriebene Fürsten wie die von Melfi, Salerno und Mirandola erhielten, die vom gegenwärtigen Frieden ausgeschlossen wurden.

[4] L. empfiehlt den Überbringer Georg Daniel, der sich einige Zeit am Hof des Gf. Adolf von Nassau-Saarbrücken [in Saarwerden] aufhielt und von L. zum Studium in Wittenberg ermuntert wurde. Die Vollendung von M.s Chronicon Carionis wird allgemein erwartet. Grüße von L.s Lehrern [Johannes] Sturm und [Christian] Herlin.

Fundort:
Eigenhändig: Paris BN, Ms. lat. 8585, f. 49r-50v.
Datierung:
Pr. ⇨ 9004.3.
Nachtrag:
§ 4: Saarwerden (nicht Saarwerder).

Normdaten
Personen:

Elisabeth von England: http://d-nb.info/gnd/118529870

Friedrich III. von der Pfalz: http://d-nb.info/gnd/118535722

Guise, Charles de: http://d-nb.info/gnd/11948529X

Guise, François de: http://d-nb.info/gnd/10190505X

Heinrich II. von Frankreich: http://d-nb.info/gnd/118548166

Herlin, Christian: http://d-nb.info/gnd/119706504

Johann Wilhelm von Sachsen: http://d-nb.info/gnd/100863892

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Nassau, Adolf von: http://d-nb.info/gnd/139616993

Paul IV., Papst: http://d-nb.info/gnd/118789899

Philipp von Hessen: http://d-nb.info/gnd/11859382X

Philipp von Spanien: http://d-nb.info/gnd/118593862

Sturm, Johannes: http://d-nb.info/gnd/118757598