M. an Johannes Oekolampad [in Basel]. - Speyer, [vor 25. April 1529]

766

[1] M. dankt für O.s Briefe [⇨ 766.1], versichert ihn seiner unveränderten Verehrung und begründet sein Schweigen mit dem bedauerlichen Abendmahlsstreit,

[2] aus dem er sich bisher herausgehalten hat. Er möchte weder eine neue Lehre vertreten noch als unselbständiger Parteigänger Luthers abgetan werden. Nach reiflicher Erwägung muß er nun O. offen bekennen, daß sein Gewissen an den Wortlaut [der Einsetzungsworte] gebunden ist.

[3] M. hat die epikureischen Freigeister immer abgelehnt, sich mit religiösem Ernst von der Scholastik und zum Teil auch von alten Freunden abgewendet, und er würde die Freundschaft einiger [Zwinglianer] schätzen.

[4] Doch während diese nur eine schauspielartige Vergegenwärtigung des abwesenden Leibes Christi annehmen, hält M. an der schriftgemäßen Gemeinschaft mit dem im Abendmahl wahrhaft gegenwärtigen Christus fest.

[5] Die Kirchenväter stimmen trotz gewisser von O. überbetonter Unterschiede für M., insbesondere durch die Verbindung von Abendmahl und Auferstehung Christi.

[6] M. würde ein Religionsgespräch darüber begrüßen.

812
Fundort:
CR 1, 1048-1050 Nr. 598 mit 3, 1284; E. Staehelin, Briefe und Akten zum Leben Oekolampads 2 (1934), 308-310 Nr. 652; MSA 1, 296-300; MSA 7/2, 68-74 Nr. 130. ‒ MBW.T 3.
Datierung:
Datum: Es gibt keinen Anhaltspunkt, wann O.s Brief vom 31. 3. bei M. war und ob dieser unverzüglich antwortete. Wenn 775 tatsächlich erst am 12. Juni in Basel einging (Staehelin 338 Anm. 4), ist trotz Ortsangabe mit einer Abfassung nach der Abreise am 25. 4. (RTA 7/1, 854) zu rechnen.

Normdaten
Personen:

Luther, Martin: http://d-nb.info/gnd/118575449

Melanchthon: http://d-nb.info/gnd/118580485

Oekolampad, Johannes: http://d-nb.info/gnd/11709711X