Martin Luther: Gutachten für die Landstände des Hochstiftes Naumburg, niedergeschrieben von M. Dt. - [Naumburg, 19. Januar 1542]
[Zur Naumburger Bischofswahl].
[1] Der Treueid bindet die Untertanen nicht gegenüber einem Bischof, der das Evangelium verfolgt und daher durch Kapitel und Patron, notfalls auch Stände, abzusetzen ist. Dasselbe gilt gegenüber dem Kapitel.
[2] Dem Patron steht es ohnehin frei, eine unrechte Wahl anzufechten. Wenn das Kapitel sein Wahlrecht verliert [→§ 1], fällt dieses an die Stände und den Patron als die Vertreter der gesamten Kirchengemeinde. Die Treuepflicht gegenüber dem Kapitel erlischt, bzw. sie richtet sich im Grunde auf die Institution, der durch die Neuwahl und Reformation ja gedient wird.
[3] Gegen den Einwand, dies alles gelte nicht für den weltlichen Bereich des Hochstiftes, wird die Funktionsgebundenheit der Kirchengüter geltend gemacht (Beispiel Donatisten).
[4] Gewißheit bei diesem Vorgehen gegen das Kapitel.
Fundort:
CR 4, 774f Nr. 2444 (unvollständig); CR 10, 162-164 Nr. 7124; WAB 9, 596-599 Nr. 3706 mit 13, 302.
‒ MBW.T 11.
Datierung:
Datum: Am Abend des 19. 1. 1542 den Stiftsständen in Naumburg mündlich vorgetragen und danach von M. aufgezeichnet, vgl. WA 53, 226f; P. Brunner, Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg (1961), 49-67, bes. 51f Anm. 1 und S. 54. Amsdorf wurde am 20. gewählt, ordiniert und inthronisiert, genau ein Jahr nach der Wahl Pflugs durch das Kapitel. Dieser hatte die Wahl erst durch Schreiben vom 15. 1. 1542 angenommen: Pollet, Julius Pflug-BW 2 (1973), 313f Nr. 193. Auf diese Situation bezieht sich Luthers Stellungnahme.